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brachte die Kleinodien nach seinem Ahnenschloß Kyburg in der Schweiz.
Adolf von Nassau brachte sie wieder auf den Trifels. Ludwig der
Bayer verpfändete diese Reichsburg an das pfälzische Haus und nahm
die Reichsinsignien nach München, um sie seinem Widersacher und
Nachfolger Karl IV. zu hinterlassen. Über die eingegangene Ver—
pflichtung, daß die Insignien fortan in Frankfurt oder Nürnberg
verwahrt werden sollen, setzte sich Karl hinweg und verbrachte sie auf
sein Lieblingsschloß Karlstein in Böhmen, von wo sie König Sigmund
nach dem Ausbruch der hussitischen Unruhen auf sein Schloß Blinden—
burg, unweit Ofen, in Ungarn nahm. Diese Entführung der Reichs—
heiligtümer ins Ausland erregte in Deutschland großen Unwillen,
sodaß die Kurfürsten deren Zurückführung ins Reich verlangten.
Das kostbare Recht der Aufbewahrung des Reichsheiligtums erwarb
„für alle Zeiten“, wie die Übergabsurkunde lautete, der Nürnberger
Rat von König Sigmund, der nicht gerne etwas umsonst that, um
die für jene Zeit bedeutende Summe von 1000 Goldgulden. Die
Überführung nach Nürnberg geschah von Ofen aus durch etliche
„Vertraute“ des Rats, Sigmund Stromer und Georg Pfinzing, im
tiefsten Geheimnis; nicht mehr als sechs Personen wußten um das—
selbe, ja selbst dem Fuhrmann, welcher das kostbare Gut zu führen
hatte, war nicht bekannt, welcher kostbare Schatz ihm anvertraut war.
Erst eine halbe Stunde von Nürnberg wurde ihm die erfahrene Ehre
offenbart; „da stieg er vom Pferde und verehrte das Heiligtum in
frommer Andacht.“
Es war ein hoher Tag für Nürnberg, der 22. Mai 1424, als
die Reichsheiligtümer in Nürnberg ihren Einzug hielten. Zu der
Feierlichkeit waren von weit und breit die geistlichen und weltlichen
Herren, sowie die Städte eingeladen. Den Teilnehmern wurde kraft
der vom Papste ausgestellten Bulle großer Ablaß zugesichert. Wer
nicht in Bann oder in der Reichsacht war, genoß freies Geleit.
Groß waren auch die Vorsichtsmaßregeln zur Erhaltung von Ruhe
und Ordnung, da man wohl erwarten konnte, wie auch geschah, daß
Tausende und Abertausende an diesem Tage in die Stadt strömen
würden. Nur zwei Thore blieben offen, alle Türme waren mit
Schützen besetzt, das Rathaus durch Gewaffnete beschützt, Streifwachen
durchzogen die Straßen und zur Vorkehr gegen allenfallsige Feuers—
brünste wurden für die Stadt, welche damals noch nicht so viel
steinerne Häuser hatte als 100 Jahre später, alle erdenklichen Vor—
sichtsmaßregeln getroffen. Die gesamte Geistlichkeit, die Bruderschaften,
der Rat, dann die Bürgerschaft, wobei das weibliche Geschlecht selbst—
verständlich nicht fehlte, sind, wie der nürnbergische Geschichtschreiber,
der Ratschreiber Müllner erzählt, „in einer stattlichen Prozession
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