Zu höherer vollendung.
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kopf, von einem Pfeil getroffen, das Auge im Tode gebrochen,
ferner ein Veilchenstrauß, der nur noch Duft auszuströmen
brauchte, um für lebendige Blumen gehalten zu werden.
Diese Kunstwerke verfehlten nicht, die Aufmerksamkeit wie—
der auf den heimischen Meister zu lenken und den Nürnbergern
begreiflich zu machen, daß man, um vollendete Meister zu sehen,
nicht nach Welschland zu gehen brauche, sondern den Anblick in
nächster Nähe haben könne. Ja, es wurden Stimmen laut, welche
es offen aussprachen, Meister Dürer komme über den Meister
Jacopo; und dieser zog die Stirn kraus, als er erfahren mußte,
wie die Begeisterung für ihn sich mehr und mehr verkühlte.
Und nun saß Dürer jetzt an einem großen Gemälde, wel—
ches ein Fürst von ihm begehrt hatte, eben jene Anbetung der
heiligen drei Könige; und als das vollendet war, da war's in
Nürnberg nur eine Stimme: die deutsche Kunst steht über der
welschen, und Albrecht Dürer ist der Meister der Meister! Denn
die Weichheit der Formen, welche bei Jacopo in Weichlichkeit
ausartete, vereinigte sich bei Dürer mit der Kraft, und der
Schmelz der Farben, welcher bei Jacopo an Überladung grenzte,
hielt sich bei Dürer keusch im rechten Maß und that dem Auge
wohl statt es zu blenden. — — —
Von Wittenberg kam dem Meister Dürer reicher Lohn,
und der klingenden Münze war diesmal dasjenige beigefügt, um
das der Künstler den Fürsten gebeten hatte: ein großes Hirsch—
zgeweih von seltener Schönheit. Das prangte nun in des Mei—
sters Prunkgemach, die Bewunderung aller, die es sahen, und
insonderheit das Entzücken Wilibald Pirkheimers, der dem Freunde
den Besitz schier neidete.