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— zur gleichen Zeit werden die ersten Frühlingsarbeiten wie Weinlegen
und Heften, Rosensetzen, Abraupen und Mistfahren vorgenommen —, so
muß wohl an eine andere Pflanze gedacht werden und zwar an Anasta-—
tica hierochuntica, die Jerichorose oder Rosa sanctae Mariae. Diese
Pflanze, in den trockenen Sandebenen Egyptens und Palästinas und an
den Küsten Kleinasiens wachsend, wurde als eine Wunderblume angesehen
und von den Wallfahrern als Andenken mitheimgebracht. Es ist wohl an—
zunehmen, daß W. Imhof diese Pflanze aufzog und im Frühjahr durch
Zudecken gegen die Einwirkung der Nachtfröste zu schützen suchte.
Die auf Seite 35 erwähnten Rosen von Damaskus oder Damascener
Rosen, die Wilibald Imhof in seinem Garten zog und die man damals
wohl noch nicht lange in Nürnberg kannte, waren weiße Herbstrosen, die
nach Stromer Seite 277 auch den Namen weiße Muskat- und Bisamröslein
führten.
Das wiederholt genannte Gartenbüchlein W. A. Stromers, das
zuerst 1671 und in zweiter Auflage 1682 erschien, ist für die Feststellung
der Nürnberger Gartenflora im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts von
hervorragendem Werte. Wolf Albrecht Stromer von Reichenbach, ein
Angehöriger der alten Nürnberger Patrizierfamilie dieses Namens, der
von 1636 bis 1702 lebte, widmete sich in seinen Nebenstunden, die ihm
bei der nicht gerade schweren Arbeitslast eines alten Genannten im Rat
(1687-1702) reichlich zu Gebote standen, mit großem Eifer der edlen
Gartenkunst
Nach dem Vorbilde und unter Benutzung des Gartenbüchleins des
Rostocker Professors Petrus Laurenberg gab er in seiner vorerwähnten
„edlen Gartenwissenschaft“ zunächst in einem allgemeinen Teile Vorschriften
über die Bearbeitung des Bodens, die Behandlung der Gewächse und die An—
legung des Gartens. Ungleich wichtiger für uns ist der zweite Teil seines
Büchleins, worin er den Inhalt des Baum- und Blumengartens nach den
einzelnen Gewächsarten vorführt. Weil er sich hinsichtlich der Auswahl
in angemessenen Grenzen bewegt, nicht etwa alle und auch nicht vorzugs⸗
weise die ausländischen Gewächse, wie sie der botanische Garten, der
Hortus meédicus, enthielt, berücksichtigt, sondern im allgemeinen nur solche,
die in einem größeren und feineren Patrizier⸗ oder Bürgergarten, der
allerdings auch seine Winterung hatte, gehegt und gepflegt wurden, so
bieten seine Mitteilungen für uns ein höheres Interesse, weil sich daraus
für die weitere Verbreitung der aufgeführten Gewächse ein Schluß ziehen
läßt. Wie wir sehen werden, beschränkt er den Inhalt seines Gartens
keineswegs auf die eigentlichen Gartengewächse, sondern er nimmt auch
zuweilen einheimische, wildwachsende Pflanzen auf, wenn sie nur vermöge
ihrer äußeren Beschaffenheit und Bildung mit dem Charakter des Gartens
in Einklang zu bringen sind.