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Die Brüder im Ausland hatten rechtzeitig die
Mitteilung von dem bevorstehenden Ereignis er⸗
halten, so daß sie sich, wenn fie in den Festtagen
ihrer Lieben gedachten, ein richtiges Bild von dem
Glück daheim machen konnten.
Am Abend des zweiten Festtags besuchten
Rottmanns mit dem Brautpaar den großen Museums⸗
hall, und Anne wurde in ihrem strahlenden Glück
von ihren Bekannten herzlich beneidet.
Selbst Antonie seufzte ein wenig. Ihr wurde
die Zeit von Christophs Abwesenheit recht lang;
hatte sie doch keine Gewähr, daß Christoph ihrer
ernstlich gedachte und zu ihr zurückkehren würde.
Konrad schrieb begeistert von den Engländerinnen;
war da nicht anzunehmen, daß Christoph ebenso
begeistert war?
Anne hatte ein stilles Mitleid mit Antonie,
nicht daß sie glaubte, Christoph würde Antonie nicht
freien. aber so geliebt wie von Haßner würde
Antonie von Chrisioph doch nie werden — solches
Liebesglück würde sie nie — nie kennen lernen.
Anne blickte in solchen Gedanken auf Hellmut
Haßner, der sich eben mit einem der Ratsherren
uͤnterhielt. Wie er so vornehm aussah, wie höflich
und doch so stolz — ein wenig kühl, sehr zurück—
haltend. Ja, zuruͤckhaltend war er, auch ihr gegen⸗
uͤber, aber sie wußie ja, das war nur ein äußer—
licher Zwang.
Ach, sie kannte ihn, sie kannte ihn auch anders,
seine wilde Leidenschaft, seine drängende Liebe!
Jetzt durfte sie ja, ohne zu erröten, an jene
Minulen unter dem Holunderbusch denken, sie durfte
von dem Sturm der Leidenschaft träumen, der
damals über sie hingebraust, sie durfte an die