Volltext: Das Hans Sachsfest in Nürnberg am 4. und 5. November 1894

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II. Die Festtage 6 
„um die Dichtung, so hat er sich auch um die kunstgerechte 
Aufführung verdient gemacht und nicht nur eine alle 
Einzelheiten berücksichtigende Regie geübt, sondern auch selbst 
als Schauspieler mitgewirkt. 
Die Mehrzahl seiner Schwäntke und Fastnachtspiele, in 
denen sein unverwüstlicher Humor die größte Triumpfe feierte 
und seine frohe Laune die tollsten Sprünge machte, gehören 
der zweiten Hälfte seines Lebens an, nachdem er durch ernstes 
Ringen den sicheren Standpunkt gewonnen hatte, von dem aus 
man in die Tiefen und Abgründe des Lebens zu blicken vermag, 
ohne dabei die Ruhe der Seele und die Heiterkeit des Gemüts 
zu verlieren. Wenn er so in seinem traulich behaglichen 
Stübchen saß und seine Verse niederschrieb, während das warme 
Sonnenlicht durch die Butzenscheiben fiel und die lustigen Strahlen 
auf den ringsumliegenden Büchern und dem Gerät an der 
Wand spielten, so mochte er wohl dem heil. Hieronymus im 
Gehäus gleichen, wie ihn Dürer auf seinem köstlichen Kupfer— 
stiche dargestellt hat. Die ganze Persönlichkeit des Hans Sachs 
hat etwas ungemein Gemütliches und erscheint wie der Typus des 
gewissenhaften, grundehrlichen deutschen Bürgers, der sich von 
keiner Leidenschaft hinreißen läßt, der nicht heute so und morgen 
so gestimmt ist, sondern der ruhigen Sinnes die Dinge betrachtet, 
überaus gründlich erwägt, bevor er urteilt, dann aber auch mit 
Zähigkeit und Beharrlichkeit an seinen Anschauungen festhält. 
Das zeigt uns sein Verhalten in den Tagen, als die von Luther 
ins Leben gerufene religiöse Bewegung die Geister in Nürnberg 
erregte. Wie Dürer suchte er sich alle Schriften zu verschaffen, 
mit denen sich Luther an das Volk wandte und vertiefte sich 
in deren Studium. 
Und so gründlich nahm er es damit, sich in die seinem 
Wesen so sehr entsprechende neue Lehre einzuleben, alle auf— 
tauchenden Zweifel zu dämpfen und niederzukämpfen und einen 
allen Anfechtungen Trotz bietenden Standpunkt zu gewinnen, 
daß sein liederreicher Mund verstummte und seine Dichtkunst“
	        
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