Volltext: Kaspar Hauser

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mich zu verwirren. Den übrigen Menschen ist ihr Leben, 
und, was sie für Wahrheit halten sollen, vorgezeichnet mit 
geraden Strichen. Ich kann nur auf gut Glück nehmen 
oder mich nehmen lassen. 
Pfarrer: Vor allen Dingen, mein Sohn, sollst du 
dein bißl irdisch Leben nicht so wichtig nehmen! Laß die 
Menschen reden und beweisen, was sie wollen. Gieb dich 
dem Frieden dessen hin, der dein Vater im Himmel ist. 
Geh' ruhig unter in der Hoffnung auf dein Jenseits! Und 
bald wirst du hier lachen lernen über die geschäftigen 
Menschlein und ihr eigennütziges Umeinanderreden. 
Kaspar: Ja, fromm mag es wohl sein, wenn man 
sich bescheidet auch als niedriger Knecht. Aber wenn nun 
einmal die Stunde kommen sollte, wo einem Freiheit und 
Glück und Glanz von allen Seiten angeboten wird und 
man sich vornehmen dürfte, großen Männern ähnlich zu 
werden, dann wäre die Scheu davor doch Schande? 
Pfarrer (mit warnend erhobener Stimme): Nicht für dich, 
der du so arm und zugleich so reich bist, daß du auf Erden 
keine Heimat hast. Äußere Güter, die dir bis heute ver— 
sagt geblieben sind, fallen dir nicht wie reife Früchte in 
den Schoß. Und wenn böswillige oder auch nur leicht— 
fertige Menschen sich finden, die dich lüstern darauf machen, 
so kannst du gewiß sein, daß es nicht selbstlose Güte ist, 
mit der sie dich beschenken, sondern Teufelswerk, das dich, 
den Unschuldigen, ins Verderben reißt. 
Kaspar: So werde ich lernen, wie man sich davor 
hütet. 
Pfarrer: Das wirst du nie! Heute so wenig wie
	        
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