Volltext: 1834-1884 (2. Band)

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Hypothesen. 
vielmehr Jüngling von 12-16 Jahren dürfte wohl schwerlich einen so 
ungeheuren Schlaf haben, daß man ihm das Hemd aus- und ein anderes 
anziehen kann, ohne daß er nicht einmal von solch öfteren Vorgängen etwas 
bemerkt! Uebrigens ist solch ein Jüngling nicht mehr so leicht zu heben 
und zu legen, daß man mit ihm so leicht umgehen könnte, daß er nicht 
erwachte! 
Wenn K. H. bis zum 16. Lebensjahr im Kerker herumgerutscht, folg— 
lich nach seiner eigenen Angabe niemals gegangen ist, so sollte man glauben, 
daß er auf dem Wege nach Nürnberg nicht einen Schritt hätte machen 
önnen, denn das Gehen lernt sich in der Regel bei Kindern schwer, muß 
aber bei Erwachsenen, deren Nerven beim immerwährenden Herumrutschen 
zusammengezogen und deren Muskeln nicht gehörig ausgedehnt worden, noch 
schwerer zu erlernen sein, wobei noch zu erwägen kommt, daß bei solchen 
Leuten, welche immer rutschen, die Knochen weich und zum Gehen untaug— 
lich werden dürften! 
Das bei Hauser vorgefundene lateinisch geschriebene Zettelchen, welches 
sein Alter und die Nebenumstände enthält, welche die Mutter bewogen, ihn 
auszusetzen, ist, wie bereits vom Magistrat anerkannt ist, ohnehin falsch. 
Auch ist es auffallend, daß dieser von Kindheit an eingekerkerte Mensch, 
wie man sagt, in Nürnberg mit Gewandtheit und einer sehr guten körper— 
ichen Haltung spazieren reitet, so daß ihn Jedermann, der ihn sieht, für 
rinen Cavallerie-Offizier hält und auch diese noch in der Reitkunst über— 
reffen solle! 
Nachdem der Student Hauser von der Studien-Anstalt zu Landshut 
ausgeschlossen wurde, soll er nach der Erzählung der Pfarrer-Köchin von 
Adertshausen in eine Berg-Höhle gezogen sein; hat er vielleicht freiwillig 
diese Höhlenbewohnung längere Zeit fortgesetzt und sich wegen Mangel(s) 
uinderer Eßwaaren mit Wasser und Brod begnügt, bis diese Genüsse ihm 
zuur Gewohnheit wurden? 
Verzeihen Euer Gnaden! daß ich Sie mit derlei Reflexionen und 
Zweifeln belästige, allein oft findet man die nahe liegende Wahrheit lange 
nicht und ich würde mich freuen, durch gegenwärtige vertrauliche Mittheilung 
ur Aufklärung dieses so wichtig gewordenen Falles beitragen zu können.“ 
Das Landgericht Parsberg schickte die Anzeige sofort dem Kreis— 
und Stadtgericht Nürnberg, das den 15. Dezember die eidliche Ver— 
nehmung der Pfarrköchin requirierte. Die vorhin skizzierten Um— 
stände sind dem Protokoll des Landgerichts Parsberg vom 29. Dez.
	        
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