—
9
1
94
.
—494—
Bruder Studio K. H.
319
losten, dann aber ausgesetzten jungen Menschen las, welche Beschreibung
der Magistrat der Stadt Nürnberg im Jahre 1828 herausgab, geäußert,
daß es ihr eiskalt über den Rücken laufe, indem sich zur Zeit als sie in
Landshut kochen lernte, ein Kaspar Hauser als kleiner Student daselbst
befand, welcher mit dem der Beschreibung beigefügten Signalement in der
Gesichtsbildung gänzlich übereinstimmte; dieser Student Caspart Hauser war
ein wilder junger Mensch, jeder Verstellung fähig und wurde toller
Streiche wegen excludirt und hielt sich nach Entfernung von den Studien
eine Zeit lang in einer Höhle nahe bei Landshut auf, wo er mit anderen
Knaben seines Alters gleichfalls dumme Streiche machte; gegenwärtig dürfte
dieser Exrstudent Caspar 23—24 Jahre alt seyn; er entfernte sich endlich
von der Gegend bei Landshut, und sie Köchin wisse nicht wohin er ge—
fkommen — Reiten war schon damals seine Lieblingsbeschäftigung.
Ich erfuhr dieses vorgestern Abends und nachdem ich heute die vom
Magistrat der Stadt Nürnberg im Jahre 1828 herausgegebene Beschrei—
bung erhalten, gelesen und darin(nen so manchen auffallenden Widerspruch
gefunden hatte, beschloß ich diese Sache Euer Gnaden zur besseren Beur—
heilung und gefälligen Einschreitung oder beliebigen Umgehung mitzutheilen.
Der Betrüger gab es bisher schon ein Menge; in Salzburg studirte
zu meiner Zeit ein armer Gärtnerssohn von der Gegend von Rosenheim,
auf einmal erschien er nach den Ferien als ein italienischer Fürstensohn
mit Diplom und Siegel, er wurde als solcher von der Universität und den
Behörden, ja selbst vom Minister Montfredini anerkannt und erst im
3. Jahre zeigte sich das Ganze als auffallender Betrug und er büßte den—
selben mit 4 jähriger Festungsstrafe, seine vielen Gläubiger büßten alles ein.
Wie leicht wäre der Exstudent Caspar Hauser fähig, seine Kenntnisse
zu verläugnen und einen dummen halb wilden Menschen vorzustellen, um
sich einer guten Aufnahme und Verpflegung zu versichern? Soll er, wie
bermuthet wird, im 2. bis 4. Lebensjahr eingesperrt worden sein, so hätte
er bei seinen guten körperlichen Anlagen gewiß schon damals gehen können,
und es ist auffallend, daß er behauptet, immer im Kerker herumgekrochen
zu sein, da dieser Kerker doch so hoch war, daß sein Pflege-Vater darinnen
gebückt stehen konnte, folglich für den Knaben Hauser zum Stehen und
Gehen hoch genug gewesen wöre.
In welch kurzer Zeit will er bei dem nothdürftigsten Unterrichte lesen
und schreiben gelernt haben!
Kaspar Hauser will vom Wechseln des Hemdes an seinem Leibe nichts
bemerkt haben und gibt seinen gesunden Schlaf als Ursache an, ein Knabe