Volltext: 1834-1884 (2. Band)

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Bruder Studio K. H. 
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losten, dann aber ausgesetzten jungen Menschen las, welche Beschreibung 
der Magistrat der Stadt Nürnberg im Jahre 1828 herausgab, geäußert, 
daß es ihr eiskalt über den Rücken laufe, indem sich zur Zeit als sie in 
Landshut kochen lernte, ein Kaspar Hauser als kleiner Student daselbst 
befand, welcher mit dem der Beschreibung beigefügten Signalement in der 
Gesichtsbildung gänzlich übereinstimmte; dieser Student Caspart Hauser war 
ein wilder junger Mensch, jeder Verstellung fähig und wurde toller 
Streiche wegen excludirt und hielt sich nach Entfernung von den Studien 
eine Zeit lang in einer Höhle nahe bei Landshut auf, wo er mit anderen 
Knaben seines Alters gleichfalls dumme Streiche machte; gegenwärtig dürfte 
dieser Exrstudent Caspar 23—24 Jahre alt seyn; er entfernte sich endlich 
von der Gegend bei Landshut, und sie Köchin wisse nicht wohin er ge— 
fkommen — Reiten war schon damals seine Lieblingsbeschäftigung. 
Ich erfuhr dieses vorgestern Abends und nachdem ich heute die vom 
Magistrat der Stadt Nürnberg im Jahre 1828 herausgegebene Beschrei— 
bung erhalten, gelesen und darin(nen so manchen auffallenden Widerspruch 
gefunden hatte, beschloß ich diese Sache Euer Gnaden zur besseren Beur— 
heilung und gefälligen Einschreitung oder beliebigen Umgehung mitzutheilen. 
Der Betrüger gab es bisher schon ein Menge; in Salzburg studirte 
zu meiner Zeit ein armer Gärtnerssohn von der Gegend von Rosenheim, 
auf einmal erschien er nach den Ferien als ein italienischer Fürstensohn 
mit Diplom und Siegel, er wurde als solcher von der Universität und den 
Behörden, ja selbst vom Minister Montfredini anerkannt und erst im 
3. Jahre zeigte sich das Ganze als auffallender Betrug und er büßte den— 
selben mit 4 jähriger Festungsstrafe, seine vielen Gläubiger büßten alles ein. 
Wie leicht wäre der Exstudent Caspar Hauser fähig, seine Kenntnisse 
zu verläugnen und einen dummen halb wilden Menschen vorzustellen, um 
sich einer guten Aufnahme und Verpflegung zu versichern? Soll er, wie 
bermuthet wird, im 2. bis 4. Lebensjahr eingesperrt worden sein, so hätte 
er bei seinen guten körperlichen Anlagen gewiß schon damals gehen können, 
und es ist auffallend, daß er behauptet, immer im Kerker herumgekrochen 
zu sein, da dieser Kerker doch so hoch war, daß sein Pflege-Vater darinnen 
gebückt stehen konnte, folglich für den Knaben Hauser zum Stehen und 
Gehen hoch genug gewesen wöre. 
In welch kurzer Zeit will er bei dem nothdürftigsten Unterrichte lesen 
und schreiben gelernt haben! 
Kaspar Hauser will vom Wechseln des Hemdes an seinem Leibe nichts 
bemerkt haben und gibt seinen gesunden Schlaf als Ursache an, ein Knabe
	        
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