Volltext: 1834-1884 (2. Band)

Wie Kaspar am Pfingstmontag gewatschelt hat. 17 
wenig ein Simpel, daß er vielmehr ein kritischer Skeptiker war, bei 
dem der „ihm eingeborene Pyrrho immer wieder von neuem zum 
Vorschein kam.“ Es ist aber während des unterirdischen Stumpf⸗ 
sinnes noch mehr geschehen. Der hinbrütende Kaspar „fing an un— 
ruhig zu werden, er machte schon zuweilen Lärm (doch wohl nicht 
gefährlich in einem „Kerker, wo nie ein Schall, nie der Donner ge— 
hört wurde“?) und mußte durch empfindliche Schläge zur Ruhe 
gebracht werden; der Verheimlichte konnte nicht länger verborgen ge— 
halten werden, man mußte seiner auf irgend eine Weise los zu 
werden suchen und — schaffte ihn im Bettlergewand nach Nürnberg.“ 
Eine so läppische Motivierung hätte denn doch schon 1832 nicht ein⸗ 
mal für kleine Kinder gut genug sein sollen! Aber es sei, Kaspar 
steht (was schon zu viel ist) endlich auf dem Unschlittplatz, denn 
laufen können Austern bekanntlich nicht. „Er schien zu hören ohne 
zu verstehen, zu sehen, ohne etwas zu bemerken, sich mit den Füßen 
zu bewegen, ohne sie zum Gehen gebrauchen zu können.“ Sein spä— 
terer Gang war ja noch ein watschelndes, schwankendes Tappen, eine 
peinliche Mittelbewegung zwischen Fallen und Aufrechtstehen. Statt 
beim Gehen mit der Ferse zuerst aufzutreten, setzte er mit gehobenen 
Beinen Ferse und Vorderfuß zugleich auf den Boden und stolperte, 
die Füße einwärts gekehrt, mit überhängendem Oberleib und weit 
von sich hinweggestreckten Armen, die er als Balancierstange zu ge— 
hrauchen schien, langsam schwerfällig vor sich hin. (Da war es ganz 
recht, daß er am 26. Mai 1828 nicht bei der Infanterie 
dienen wollte.) fters fiel er in seinem Zimmerchen, bei geringem 
Hindernis oder Anstoß der Länge nach zu Boden.“ Das war nun 
allerdings kein großes Kunststück, aber er ist denn doch vom Un— 
schlittplatze zum Rittmeister, von dort auf das Rathaus (Polizeiwache) 
und dann noch auf den Vestnerturm gegangen? Freilich, unbequem 
genug, aber es war denn auch danach! Bei Merk „deutet er auf 
seine unter ihm brechenden Füße“, der „Weg zur Polizei war ein 
Marterweg“, und der zum Luginsland? „Auf diesem verhältnis— 
mäßig kurzen Weg sank er fast bei jedem Schritte — wenn sein 
Tappen ein Schreiten genannt werden konnte — ächzend zusam— 
men.“ Und gesprochen hat er doch? Nun ja, seine Sprache war 
v. d. Linde, Kaspar Hauser. 11.
	        
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