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Wächter zum Schlagen der Glocken bestellt. Im Jahre 1440 wurde
eine Schlagglocke auf dem weißen Turm angebracht, es folgte eine
vierte auf dem Lauferschlagturm. Bei diesen vier großen Uhren blieb
es, neue kamen nicht hinzu. Im Jahre 1493, endgültig erst 1495
wurde auf dem Sebalder Turm auch die erste Viertelstundenglocke an—
gebracht — die Wächter erhielten für ihre erhöhte Mühe 2 Pfund
neu — der im Jahre 1488 eine zweite auf dem Lorenzer Turme folgte.
Im Jahre 1488 wurde die Dauer der einzelnen Perioden inner—
halb deren die Zählung der Tag- und Nachtstunden die gleiche blieb,
auf wissenschaftlicher Grundlage neu geregelt. Den Anstoß dazu gaben
die von dem berühmten Mathematiker Johannes Regiomontanus und
seinem Schüler Bernhard Walther ausgearbeiteten Tabellen die auf
die mit ungleicher Schnelligkeit vor sich gehende Ab- und Zunahme
der Tage zur Zeit der Tag- und Nachtgleichen und der Solstitien
Rücksicht nahmen. Bei Einführung des gregorianischen Kalenders
wurden die Ansätze bezüglich der Ab- und Zuschlagtage noch einmal
verbessert, womit der in Nürnberg lebende Astronom Johann Philipp
von Wurzelbau beauftragt wurde.
Die große Uhr war bis in die Zeiten des Ausgangs der reichs—
städtischen Freiheit in Gebrauch. Doch hatte sich schon lange vorher
auch die kleine oder halbe Uhr, die in dem weitaus größten Teile
Deutschlands die gewöhnliche war, in Nürnberg eingebürgert, wo sie
mit der Zeit die offizielle Uhr ganz verdrängte. Schon im Jahre 1486
gab es eine solche bei St. Katharinen. Und von der kunstreichen Uhr
an der Frauenkirche möchte man doch gewiß annehmen, daß sie von
vornherein nur den halben Zeiger hatte. Im Jahre 1611, wo ein
Kurfürstentag in Nürnberg stattfand, wurden drei „kleine“ Schlaguhren
errichtet, „damit die hohen und niedern Standespersonen, so der großen
Uhr nit kundig, sich nach der kleinen in der Zeit richten könnten.
Um das Jahr 1619 wurden schon 12 kleine Schlaguhren gezählt. Die
in Nürnberg von Peter Henle erfundenen Taschenuhren zeigten selbst—
verständlich nur die gewöhnlichen zwölf Stunden. Im 18. Jahrhundert
überwogen bereits die Stundenangaben nach der kleinen Uhr, doch
wurden noch im Anfange dieses Jahrhunderts Tabellen gedruckt, um
die „große oder römische“ Uhr (denn ohne Grund führte man früher
die Einführung dieser Zeitrechnung auf italienischen Einfluß zurück)
mit der kleinen, gewöhnlichen zu vergleichen und noch sogar 1811
schlugen die Türmer auf dem Sebalder- und Lorenzer Kirchturme, so⸗
wie auf dem Weißen- und innern Lauferschlagturm die Stunden nach
der großen Uhr.?*) Forts. folgt.)
—TTA VBgl. Nopitsch, Weaweiser, S. 178.