Volltext: Bis zur reformatorischen Thätigkeit in Altenburg (Band 1)

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schieden und nur gegen jenes die Freiheit zur Ehe vindiciert 
hatte, stellte Karlstadt in wunderlicher exegetischer Begrün— 
dung ehebedürftigen Mönchen und Nonnen das Heiraten 
frei, vermochte zwar solche Handlung nicht als sündenfrei 
zu bezeichnen, erklärte sie aber nach 1. Kor. 7,9 für minder 
sündhaft als „Brunst leiden“ *2) Ganz im Geiste dieser 
Sätze predigte nun Gabriel Zwilling, ein wenig bedeu— 
tender, leidenschaftlicher Augustiner, gegen Mönchsgelübde 
und Meßgreuel. Austeilung des Abendmahls in beiderlei 
Gestalt, und zwar zum ersten Male am 29. September, 
und gänzliches Einstellen des Neßgottesdienstes in der 
Klosterkirche seit dem 13. Oktober waren die nächsten Folgen. 
Der Prior stand mit seinem Widerstande machtlos den 
Brüdern gegenüber, es gelang ihm nur durch das vor— 
läufige Verbot jeglicher Messe die Einführung des neuen 
Brauches bis zum Entscheid des Generalvikars zu verhindern. 
Cuther konnte den gottesdienstlichen Forderungen der Mönche 
seine Zustimmung nicht versagen und suchte in seiner Schrift 
über den Mißbrauch der Messe und ihre Abschaffung die 
gerechtfertigte Bewegung in gesetzmäßigen Bahnen zu hal— 
ten. Anders war seine Stellung gegen Karlstadts Beweis— 
führungen über die Mönchsgelübde. Die Frage, welche 
uns als einfache Folgerung erscheint, machte Luther ernstlich 
besorgt, und noch besorgter, wenn er an ihre praktische 
Durchführung dachte.89) Bodensteins Erxegese erklärte er 
für ungenügend und doch mußte er in der Sache die 
Richtigkeit der Behauptung zugestehen. Zunächst in seinen 
Thesen vom 9. September, dann in seiner Predigt über 
das Evangelium des Epiphanienfestes und seiner Schrift 
über die Gelübde haben wir die Frucht seines langen 
Ringens in dieser Frage, die für ihn um so mehr eine ernste
	        
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