Metadaten: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg für das Jahr 1917 (1917 (1919/20))

Gemeinnützige Anstalten, Armenwesen, Wohltätigkeit 103 
Ausnützung unserer Lebensmittelvorräte vermittels großer, rationell arbeitender Küchenbetriebe 
der drohenden Unterernährung zu steuern und der weiten Schicht der Erwerbstötigen, die 
die Rücksicht auf den Lebensunterhalt tagsüber in den Rüstungsbetrieben festhielt, die 
Gelegenheit zur Einnahme eines einfachen aber kräftigen Mittagsmahles zu verschaffen. 
Nach Besichtigung der Einrichtungen in Frankfurt a. M. Hamburg und Berlin durch 
den Referenten und den Pfleger schritt die Durchführung des Planes rasch voran, sodaß die 
erste, im Süden der Stadt, im Herkules-Velodrom eingerichtete Anstalt, in der 2000 Personen 
gleichzeitig Platz finden, bereits am 5. Februar 1917 in Betrieb genommen werden konnte. 
Bereits am 16. April 1917 trat im Norden, in der Marfeldwirtschaft, wo schon eine Volks— 
kriegsküche untergebracht war und wo sich deshalb mit nicht, allzugroßen Kosten eine neue 
Massenspeisungsanstalt einrichten ließ, die zweite Volksspeisungsanstalt ins Leben. In 
beiden Betrieben, im Herkulesvelodrom sowohl als auch in der Maxrfeldwirtschaft konnte 
das Essen sowohl an Ort und Stelle eingenommen als auch zwecks Verzehrens in der 
Wohnung abgeholt werden. Im Saal des Herkulesvelodroms und in der dazu gehörigen, 
in einer gegenüber gelegenen Autogarage untergebrachten Küche wurde anfangs täglich an 
rund 4500 Personen Essen abgegeben, in der Marfeldwirtschaft wurden täglich anfangs rund 
3000 Personen abgefertigt. Die 3. Küche wurde bald darauf, am 1. Mai, im Westen der Stadt, 
in einer Autogarage in St. Johannis, eingerichtet. Die tägliche Leistungsfähigkeit dieser 
Küche betrug 12 -13000 Personen, es war dort aber nur das Abholen des Essens möglich. 
Wer sein Mahl nicht zu Hause einnehmen wollte, dem war Gelegenheit gegeben, es in 
einer der 5 auf die ganze Stadt verteilten, hiefür eigens gemieteten Wirschaftslokale zu 
verzehren, die täglich von der Zentralküche aus mit Essen beliefert wurden. Die 4. und letzte 
Massenspeisungseinrichtung, die im Südosten der Stadt., in der Festhalle im Luitpoldhain, 
untergebracht wurde, trat überhaupt nicht in Wirksamkeit. Von den Volksspeisungsküchen 
holten auch mehrfach Fabriken Essen in größeren Mengen in die Betriebe ab, zur Austeilung 
an die Arbeiterschaft. Eine besondere Gruppe von Teilnehmern hat die Volksspeisungsanstalt 
seit 16. April. An diesem Tage haben die seit Beginn des Krieges bestandenen, für die 
Angehörigen der Kriegsfürsorge eingerichteten Kriegs volksköchen ihre Tätigkeit beendet 
und es ihren Teilnehmern freigestellt, sith zum Essenbezug aus der Volksspeisungsanstalt 
anzumelden oder auf das Essen zu verzichten und dafür die volle Kriegsunterstützung in 
Empfang zu nehmen. Es wurde ihnen hiebei die Teilnahme an der Volksspeisungsanstalt 
unter den gleichen Bedingungen ermöglicht, unter welchen sie bisher das Essen aus der 
Volkskriegsküche bezogen haben. Die Differenz im Preise wird von der städtischen Kriegs— 
fürsorge der Volksspeisungsanstalt ersetzt. Von der Ermächtigung zur Teilnahme an der 
Massenspeisung haben rund 1700 Personen Gebrauch gemaächt. 
In den Volksspeisungsanstalten wird lediglich das Mittagessen für die 
6 Wochentage abgegeben. Die ganze Portion kostet für die Woche 3 A, die halbe 
Portion 1.5006. An Lebensmittelmarken waren anfangs für eine ganze Portion und 
Woche abzugeben: 1 Brotmarke, 3 Fleischmarken, 1 Fettmarke und 300 9 Kartoffelmarken, 
für eine halbe Portion: 3 Fleisch- und 2 Brotmarken. Später wurde auf, Wunsch der 
Volksernährungsgesellschaft auch 1 Hülsenfrüchtemarke abverlangt, welche Forderung indessen 
bei der halben Portion in 100 9 Kartoffelmarken umgewandelt wurde. Die Bevölkerung 
hat sich dieser Maßnahme so willig gefügt, daß mitunter an Stelle der Marken die Lebens— 
mittel (z. B. Kartoffeln, Butter) in natura abgegeben wurden. Bei der Festsetzung des 
Küchenzettels wurde neben der Schmäckhaftigkeit der Speisen vor allem auch auf einen 
ausreichenden Nährwert gesehen. Da das in Norddeutschland übliche Eintopfgericht 
beim bayerischen Magen keinen Anklang findet, so hat man täglich zum mindesten Suppe 
und Gemüse gegeben. So wurde z. B. verabreicht am Samstag, den 3. März 1917 Pilzsuppe,
	        
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