Metadaten: Sammelhandschrift – Nürnberg, STN, Cent. VI, 61

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Die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften haben von 
27500 Personen, denen pro 1893 Renten bewilligt wurden, über— 
haupt nur für 11000 Personen noch Kosten des Heilverfahrens 
aufgewendet, für die übrigen 16500 war das Heilverfahren inner— 
halb der ersten 13 Wochen beendet; für die genannten 11000 
wurden pro Kopf 50 Mk. aufgewendet. Gegenüber dem Jahre 
1889 beträgt auch pro 1898 die durchschnittliche Ren:ee 80 Mk., 
ein Rückgang im Durchschnitt ist also nicht zu verzeichnen, obwohl 
seit dieser Zeit die Zahl der Rentenempfänger in der Landwirt— 
schaft um ca. 19000 gestiegen ist. 
Es ist zu wünschen, daß die landwirtschaftlichen Berufsge— 
nossenschaften mehr von dem ihnen nach 8 7660 des Reichskranken— 
versicherungsgesetzes zustehenden Rechte Gebrauch machen, die 
Behandlung der Verletzten schon während der ersten 13 Wochen 
zu übernehmen, wodurch mancher Schaden einer schlechten Be— 
handlung verhütet werden kann; jedenfalls ist es erfreulich, daß 
der Vorteil der intensiveren Behandlung auch bei den landwirt— 
schaftlichen Berufsgenossenschaften vollkommen erkannt wird, wie 
dies die häufige Anwendung der Massage und die Verträge mit 
medikomechanischen Instituten über die Nachbehandlung der Unfall— 
verletzten beweisen. 
Noch eine Bemerkung zur Krankenverpflegung. Ganz zu 
verwerfen dürfte die Bestimmung des 8 64 Ziff. 2 des Kranken— 
versicherungsgesetzes sein, wonach die Gemeinden berechtigt sind, 
statutarisch festzusetzen, daß Versicherten, welche sich eine Krankheit 
durch geschlechtliche Ausschweifungen zugezogen haben, 
lediglich Arzt- und Apothekerkosten, aber kein Krankengeld gezahlt 
wird. Ganz abgesehen davon, daß in Folge dieser Beschränkung 
in vielen Fällen die Krankheiten so lange verheimlicht werden, 
bis durch Fortschreiten der Krankheit und Ansteckung anderer 
Personen unheilbarer Schaden angerichtet ist, so sind hierdurch 
auch die ländlichen Armenpflegen in der erheblichsten Weise zu 
gunsten der städtischen Krankenversicherungskassen belastet. Wird 
3. B. eine solche erkrankte weibliche Person im Krankenhause 
München untergebracht, so muß an dem täglichen Verpflegungs— 
satze von 2,80 Mk. die heimatliche Armenpflege 2,12 Mt. bezahlen, 
da die Krankenversicherungskasse gemäß 8 57 des Reichskranken— 
nersicherungsgesetzes als Jlauivalent für ärztliche Behandlungs—
	        
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