Volltext: Erinnerungsblätter zum 60jährigen Bestehen des Schullehrer-Seminars Altdorf

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Der Ertrag derselben fällt in die Musikkasse. — Wer sich einen Aus— 
gang erlaubt, ohne angefragt zu haben, wird ohne weiteres zu 
2stündigem Verhaft verurteilt. Wer seine Spaziergänge über 
den Gesichtskreis des Seminars und Seminargartens ausdehnt, so 
daß er nicht in jedem Augenblicke gerufen werden kann, erliegt der— 
selben Strafe. — Wer sich nachlässig bei der Gartenarbeit zeigt, 
zahlt anfangs 3, später 9 Kreuzer in die Musikkasse. — Wer am 
Abend ohne Erlaubnis des Aufsehers oder Lehrers den Speisesaal 
berläßt, oder nicht zur rechten Zeit daselbst sich befindet, der erleidet 
2stündigen Verhaft oder zahlt nach Maßgabe der Umstände 12 Kreu— 
zer. — 2stündigem Verhaft unterliegt, wer in den Arbeitsstun— 
den unruhig ist, in der Schule fremdartige Dinge treibt und aus— 
gesprochene Anordnungen verletzt. — Wer der Karzerstrafe unterliegt, 
hat außerdem 15 bis 30 Kreuzer zur Strafe in die Musikkasse 
zu zahlen.“ 
Wie diese bis in das Einzelne und Kleinliche gehenden Gesetze, so 
auch die „Fbesonderen Gesetze der Zimmeraufseher“ in 20 88. 
Möge der freundliche Leser nun ein Urteil sich bilden über 
diese von der obersten Schulbehörde aufgestellte Hausordnung ꝛc., die 
nehr einem Polizeigesetze gleicht, als pädagogischen Vorschriften und 
möge er einen Vergleich anstellen mit dem, was Herr Lutz über das 
Externat am Nürnberger Seminar berichtete. 
Doch das sind (zum Teil) die Gesetze. Wie wurden sie 
in Vollzug gesetzt? Ein Glück, daß die ausführenden Organe diese 
Vorschriften mit größter Humanität durchführten. Polizeinaturen 
hätten damit aus einer Erziehungsanstalt ein Zuchthaus machen können. 
Hören wir darüber eine kompetente Stimme. 
Pfarrer Thomas sagt in seiner oben genannten Schrift: „Die 
Verhältnisse waren damals weit günstiger, als sich er— 
warten ließ: Die Persönlichkeit des Lehrerpersonals, die ge— 
ringere Anzahl der Zöglinge, namentlich im ersten Jahre, das für 
beide Teile so neue Hineinleben in eine nach allen ihren Konsequen— 
zen noch nicht ausgebildete Institution, die milde Praxis und wahr— 
haft humane und liberale Handhabung der bestehenden Gesetze 
gestatteten uns noch den reinen und ungetrübten Genuß brüderlichen 
Zusammenlebens unter wahrhaft väterlicher Behandlung und ver— 
süßten uns so manche unvermeidliche Bitterkeit der an sich unge— 
nügenden Bildungsanstalt. Referent (Thomas) hat insbesondere Liebe
	        
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