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Holzschnitt gezeichnet und „des Stechens fleißig gewartet“, dabei zum
Teil ganz neue, von ihm selbst erfundene Methoden anwendend. Die
herrlichen Holzschnittfolgen, das Marienleben und die große Passion
wurden vollendet, es entstanden neu die kleine Holzschnittpassion und
die Kupferstichvassion. Denn „wunderbar wurde die Phantasie Dürers
von dem Leiden Christi angezogen“. Daneben malte er im Auftrage
des Rats die beiden bekannten Kaiserbilder, Karl den Großen und
Sigmund, für die sog. Heiligtumskammer im Schopper'schen Hause,
in der die Heiligtümer während des Heiltumsfestes untergebracht wurden.“)
Es kamen dann die Aufträge des Kaisers Maximilian, der — und
dies ist charakteristisch für den Unterschied der Bedingungen, unter denen
sich die Kunst in Deutschland und jenseits der Alpen entfaltete — seine
Verherrlichung durch die Malerei nicht etwa in großartigen Fresko—
gemälden, sondern in einem, wenn auch noch so umfangreichen Holz—
schnittwerk, dem bereits oben besprochenen Triumph ausführen ließ.**)
Um dieselbe Zeit entsprangen auch die tiefsinnigen Kupferstiche (Ritter,
Tod und Teufel, die Melancholie u. s. w.) Dürers nachdenklich grü—
belnder, gelegentlich auch wohl auf das Unheimliche gerichteten künst—
lerischen Phantasie. Dagegen hat er in den Jahren 1512 bis 1520
in der Tafelmalerei, mit Ausnahme einiger vorzüglicher Porträts,
nichts gerade hervorragend Bedeutendes geschaffen. Die Nennung aller
dieser Werke würde eine bloße Aufzählung bleiben, wie wir denn auch
seiner genialen Kohle-, Feder- und Silberstiftzeichnungen, seiner Studien
und Entwürfe, die uns ein freundliches Geschick noch in erklecklicher
Zahl erhalten hat, hier nur eben gedenken können. Eine Frucht seiner
sein ganzes Leben hindurch mit unablässigem Eifer betriebenen theo—
retischen Studien waren seine litterarischen Werke, die zum größten
Teil gleichfalls in jener Epoche zustande kamen. Doch sind sie sämtlich
erst später im Druck erschienen, nämlich die ‚Unterweysung der Messung
mit dem Zirkel und Richtscheit“ 1525, dann der epochemachende, Dürer
auch als scharfsinnigen Erfinder im Befestigungswesen zeigende „Un—
terricht zur Befestigung der Städte, Schlösser und Flecken“ im Jahre 1627
und endlich sein Hauptwerk, das erst nach seinem Tode veröffentlicht
wurde, „Vier Bücher von menschlicher Proportion“ 1528.
Dürers Beziehungen zu dem Kaiser Maximilian veranlaßten ihn
1518 auch zu einer kleinen Reise nach Augsburg, die er in Begleitung
zweier ihm befreundeter Männer, des Ratsherrn Kaspar Nützel und
H Sie kamen später in die sog. (obere) Regimentsstube des Rathauses. Jetzt
sind sie, beiläufig gesagt, sehr stark übermalt, im Germanischen Museum.
**8) Vgl. überhaupt S. 552 ff., wo wir auch der Belohnungen, die der Künstler
von dem Kaiser erhielt, gedacht haben.
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