Volltext: Fünfzig Jahre Mitgliedschaft Nürnberg im Verband der Deutschen Buchdrucker

vähnte 78prozentige Lohnerhöhung ein. Hierauf konnten die Gehilfenvertreter 
ücht eingehen, da die gebotene Lohnerhöhung für's Erste nur einem Ce il der 
Sehilfen zu Gute gekommen wäre und durch die Annahme überhaupt das Siel, das 
die jetzige Bewegung eigentlich erreichen soll, auf viele Jahre hinaus aussichtslos 
gewoöorden wäre. Die Gehilfen mußten also nun, nachdem in Leipzig nichts erreicht 
vpurde, resultatlos nach Hause gehen. Trotzdem jedoch der Vorsitzende der Tarif- 
kommission Deutschlands, Prinzipalsvertreter Herr Klinkhardt, vor dem 
Auseinandergehen der Tarifkommission die Versicherung gab, er würde nach 
Kräften dahin wirken, daß alle Aaßregelungen unterbleiben würden, erfolgten 
doch schon nach Verlauf der ersten 14 Tage eine VReihe von Entlassungen, die in 
verschiedenen Städten zusammen die Höhe von über 50 erreichten. 
Diesen sustematischen Abschlachtungen gegenüber konnte die Gehilfenschaft 
Deutschlands nicht ruhig zusehen und es war deshalb der Unterstützungsperein 
Deutscher Buchdruckher gezwungen, um den Provokationen der Prinzipale einen 
Damm zu setzen, und um nicht von denselben nach und nach gänzlich aufgerieben zu 
verden, nunmehr aus der Defensive herauszutreten. Es gab deshalb für die Ge— 
zilfen keinen anderen Weg mehr, dieselben mußten in ihrer Gesamtheit die Kündig— 
ing einreichen. Die Buchdrucker wollen nicht zum „Herrn“ ihrer Arbeitgeber wer— 
den, sie trachten keineswegs darnach, wie der „Kurier“ schreibt, zum Turannen gegen 
dieselben sich aufschwingen zu wollen, um dieselben beständig vor sich „erzittern“ 
zu sehen, sondern sie wollen nur aus dem einfachen Grunde die Arbeitszeitverkürz-— 
uing, um die das ganze Jahr auf der Landstraße und am Orte arbeitslos sich be— 
findenden Kollegen auch in die Veihen der tätigen Gehilfen eintreten zu lassen, 
ein ZSiel, das unter allen Umständen erreicht werden muß. Nicht, wie vielfach an— 
genommen wird, um der Arbeit selbst aus dem Wege zu gehen, nicht um uns mehr 
dem gesellschaftlichen Verkehr widmen zu können, wollen wir den Veunstundentag, 
sondern nur in Vücksicht darauf, daß eben die Zahl der Arbeitslosen in Anbetracht 
der jährlich nach Causenden herangezogenen Lehrlinge eine unerträglich hohe ge— 
vorden ist. Aber dieser Mißstand veranlaßt die Gehilfen nicht allein zu dem 
schritte der Einführung der neunstündigen Arbeitszeit. Wer da schon Gelegenheit 
hatte, die ununterbrochene körperliche und geistige Tätigkeit des Setzers zu be— 
obachten, der wird zu der Ueberzeugung kommen, daß die vielfach verbreitete An— 
sicht, die Buchdruckerei sei ein beich tes Gewerbe, eine „Spielerei“, wie Uneinge— 
weihte sogar meinen, irrig ist, und wird den von hervorragenden ärztlichen Auto— 
ritäten aufgestellten Stotistiken Glauben schentsen. Mit wenigen Ausnahmen ist es 
hauptsächlich das Buchdruck-Gewerbe, das von der Proletarier-Krankheit — der 
Schwindsucht — am schwersten betroffen wird. 
Und wie würde es erst in diesem Gewerbe aussehen, wenn nicht der nun seit 
25 Jahren bestehende Unterstützungsverein eine so segensreiche Tätigkeit entfaltet 
hätte? Wären die Prinzipale zu dem Zwecke zusammengetreten, das durch Lehr— 
ingszüchterei und Schmutzkonkurrenz tief herabgedrückte Gewerbe zu heben, hätten 
ie sich dazu aufgerafft, durch Feststellung bestimmter Normativ-ODruckpreise dem 
iellosen Schalten und Walten ihrer Herren Kollegen ein Ende zu machen, so würde 
der Anfang zu einer besseren Zukunft eingeleitet gewesen sein. Aber in Verkennung 
hrer eigenen Interessen lief der Zweck ihrer Koalition darauf hinaus, die Gehilfen 
für alle ZFälle zu blindem Gehorsam zu zwingen. Ist es denn nicht widersinnig, 
zu hören, wie der reiche und mit allen technischen Hilfsmitteln ausgestattete Prin— 
ipal sich herbeiläßzt und mit dem geringeren sich in Verbindung setzt? Hier erlebt 
nan das köstliche Schau)piel, daß sich die die Hände reichen, die Jahr aus Jahr 
ein kühl einander gegenüberstehen. Ganz besonders sollten die Prinzipale der größe— 
ren Geschäfte sich nicht zu solchen Verbindungen herbeilassen, denn sie müsJen 
Sehilfen einstellen, während der kleinere sich stets — nach wie vor — mit Lehr— 
ingen durchschlagen wird und dadurch, trotz aller bestehenden Einigkeit, diese seine 
Kollegen auch fernerhin aufs Tiefste schädigen wird. 
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