Inhaltsverzeichnis: Stenographischer Bericht der 34ten Generalversammlung Deutscher Müller und Mühlen-Interessenten zu Nürnberg vom 17. bis 20. Juni 1906 (34. (1906))

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Bewußsein: wir Direktoren der Großbanken sind die Leiter des Unter— 
nehmungsgeistes der Nation. Dr. von Siemens hatte sehr recht, das 
zu sagen: denn die deutsche Bank hat 1870 mit 15 Millionen Kapital 
begonnen und heute beträgt die gesamte Syndikatsherrschaft der deutschen 
Bank über 41,, Milliarden Mark. Ich habe vor ganz kurzer Zeit in 
München die Klage gehört, daß infolge dieser Fusionen im Bankkapital 
in Bayern für größere Unternehmungen nur noch sieben Kreditgeber sind. 
Das geht noch eine Zeitlang und dann kommen wir dahin, wie es in der 
Bibel heißt: „Und die Geldfürsten von Juda und Israel regierten das 
Land und der König hatte wenig mehr zu sagen“. (Große Heiterkeit.) 
Das gilt von der ganzen Volkswirtschaft und das gilt speziell auch 
von Ihrer Mühle. (Sehr richtig!) Wenn ein großer Kapitalist zu der 
Anschauung kommt, es ist von Vorteil, in Aschaffenburg, wenn der Kanal 
noch weiter gebaut ist, eine große Mühle, eine mit einer täglichen Pro— 
duktion von 600, meinetwegen 1000 Tonnen Getreide, zu bauen, dann 
hat der Mann das Recht, hinzugehen und die Mühle zu bauen mit 
1000 Tonnen Tagesproduktion, und ob dabei Tausende von Müllern zu— 
grunde gehen oder nicht, das ist gleichgültig. (Sehr richtigl) Wenn wir 
aber zu dem Schlusse kommen, zu fordern, daß das geändert werden 
müsse, dann müssen wir die Dinge nehmen, wie sie liegen, und an dem 
Grundsatze festhalten: „Die freie Konkurrenz muß beseitigt werden!“ 
Da möchte ich nun gerade unter dem Hinweis, den wir gehört haben: 
„Müller seid einig!“ davor warnen, sich gegen einzelne Personen zu 
wenden, die unter dem heute geltenden Rechtszustand etwas getan oder 
erworben haben. Die Personen mögen uns persönlich nicht so ganz sym— 
pathisch sein, wir haben aber keinen Grund, gegen die erworbenen Rechte 
einzelner Personen vorzugehen. (Sehr richtig) Und weil wir keine 
UÜberproduktion in Getreide und Mehl haben, sind wir in der Lage, zu— 
sammen zu arbeiten, ohne daß die Frage: ob wir zusammen arbeiten 
können? in ihrer Beantwortung nach meiner Ueberzeugung gestört wäre 
durch diejenige Sympathie oder Antipathie, die man da und dort wenigstens 
in Müllerkreisen gegen Großunternehmer hat. Lassen Sie sich durch solche 
Empfindungen nicht irre machen, sondern halten Sie daran fest: der ver— 
stopfte Rechen ist die sog. freie Konkurrenz und die muß beseitigt werden; 
denn das ist die wirkende Ursache aller Mißstände. So lautet der rein 
objektive Standpunkt, den wir zur Wiedergesundung des Müllergewerbes 
einnehmen müssen. 
M. H., wenn wir nun die Frage aufwerfen, wie die freie Konkurrenz 
beseitigt werden kann? (Zuruf: totschlagen!! — das wäre zu radikal, ich 
will von diesem anarchistischen Standpunkte keine Notiz nehmen (Geiter— 
keit), ich will mich aber zum sozialistischen Standpunkt wenden; dann 
kommen die Sozialisten und sagen: na Kinder, da seid ihr endlich auf 
dem Standpunkt, auf dem wir euch haben wollen, das Müllergewerbe 
muß verstaatlicht werden! Ich werde mich mit diesen Theorien nicht lange 
beschäftigen, um hier meinerseits auf das entschiedenste nach der ganzen 
Durchdenkung sozialistischer Theorien die Überzeugung zu vertreten, daß 
wir an der Beibehaltung des Privateigentums an den Mühlen nicht zu 
rütteln haben. (Sehr richtig! Wohl aber müssen wir etwas tun, was
	        
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