Aus dem Allgemeinen städtischen Krankenhaus Nürnberg,
Weibliche Krankenpflege.
Von
Krankenhausdirektor Medicinalrath Dr. Merkel.
Vor einigen Jahren habe ich in der Mendelsohn’schen Zeitschrift für
Krankenpflege eine kleine Studie veröffentlicht unter dem Titel »Aerztlicher
Direktor — Verwaltungsdirektor*« An einen weiblichen Krankenhaus-
direktor habe ich damals — offen gestanden —- nicht gedacht, wenn mir auch
Ansätze dazu nicht ganz unbekannt geblieben waren. Ich glaubte damals
nicht, dass man dies ernstlich in Erwägung zu ziehen brauche. Mittlerweile
hat sich in dieser Hinsicht Manches geändert. Die »Lehre von den Frauen-
rechten« hat sich überall, so auch bei uns aus kleinen Anfängen zu einer
Disciplin« empor gerungen und hat durch eine intensive und bewunderungs-
würdige Energie sich durchgearbeitet zu einer Bedeutung, welche nicht ignorirt
werden kann und darf, ganz abgesehen davon, dass die uns angeborene
Galanterie gegen das weibliche Geschlecht uns Rücksichten auferlegt, die un-
gestraft nicht ausser Acht gelassen werden können. Werden wir doch bald
Damen als »Collegen« zu begrüssen haben und es besteht ja selbstredend
kein Zweifel, dass wenn Frauen erst offiziell zur Praxis zugelassen sind, sie
auch Anspruch haben auf Berücksichtigung bei der Aufstellung von ärztlichen
Krankenhaus-Direktoren! Von letzterer Voraussetzung sieht freilich die hoch-
verdiente »Oberin vom Rothen Kreuz« Clementine von Wallmenich ab, wenn
sie in ihrer sehr lesenswerthen Abhandlung in der neuen »Mendelsohn’schen
Krankenpflege« -— über die Stellung der Oberin im modernen Krankenhause
— den Rath gibt, für kleinere Krankenhäuser »Oberinnen« als Verwalterinnen an-
zustellen und dazu die Gründung einer »Oberinnen-Academie« in Aussicht stellt!
Doch zu solchen grossen Ideen gedenke ich mich nicht aufzuschwingen!
Die academische Erörterung der Frage dürfte wohl doch eine noch zu frühe
sein, für uns Aerzte ist sie auch noch nicht brennend und die Gemeinden,
welche bislang Krankenhaus-Direktoren-Posten zu besetzen haben, sind
zlücklicherweise, so knapp auch dermalen in den Kassen der Städte die
Mittel sind, noch nicht so weit, sich weibliche Direktoren etwa deshalb zu
suchen, weil weibliche Kräfte um geringeres Entgeld zu erhalten sind als
nännliche.
In einem Punkte stimme ich aber der Anschauung der Frau Oberin voll-
xommen und rückhaltslos bei, darin nämlich, dass die Krankenpflege in weib-
iche Hände gehört und dass mit verschwindenden Ausnahmen die weiblichen
Hände in fast jeder Hinsicht den männlichen Händen vorzuziehen sind.