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aber auch der König unverrückt fest an dem, was er für das
Heil des Staates als notwendig erkannt hatte, und in seinem
Namen erklärte Bismarck dem Landtage, daß sich die Regierung
unter den obwaltenden Verhältnissen genötigt sehe, die Bedürf—
nisse des Staatshaushaltes nach gewissenhaftem Ermessen auch
ohne die Bewilligung der Abgeordneten zu bestreiten. Dies war
ein kühner und folgenschwerer Schritt. Denn die Regierung des
Königs zog sich hiedurch den Vorwurf des Verfassungsbruches
zu, der von den Gegnern im ganzen Lande gegen sie erhoben
wurde. Und wieder erhob sich die Stimme des Volkes gegen
den König, nicht in Preußen allein, sondern in ganz Deutsch—
land, als er bei der Fürstenversammlung in Frankfurt'a. M.,
die auf Einladung des österreichischen Kaisers zusammentrat, um
über eine Neugestaltung des deutschen Bundes zu beraten, nicht
erschien und dadurch die Beratungen vereitelte. Wußte er doch,
daß die Vorschläge sterreichs nur darauf ausgingen, Preußens
Einfluß mit Hilfe der anderen deutschen Fürsten im Bunde
niederzuhalten.
Es war eine trübe, sorgenvolle Zeit für den König. Aber
noch in demselben Jahre 18683 trat ein Ereignis ein, das bald
darauf das preußische Heer auf den Kampfplatz rief und die
Voraussicht des Königs bei der von ihm gegen den Willen der
Volksvertretung durchgeführten Vermehrung desselben glänzend
rechtfertigte. Am 15. November 1868 starb König Friedrich VII.
von Dänemark, und dieser Todesfall brachte auf einmal die
schleswig-holsteinische Frage wieder in Fluß, die schon in der
Zeit der großen Bewegung des Jahres 1848 in ganz Deutsch—
land die Gemüter mächtig erregt, dann aber, infolge des Ein—
tretens der Großmächte, bis jetzt wieder geruht hatte.
Beide Länder, Schleswig und Holstein, bewohnte eine
deutsche Bevölkerung. Die nordalbingischen Sachsen in Holstein
waren die letzten ihrer Stammesgenossen gewesen, die sich Karl
dem Großen unterwarfen. Die Mark Schleswig hatte König
Heinrich J. errichtet als einen Schutzwall gegen die Angriffe der
Dänen. Seit dem Jahre 1826 waren beide Länder vereinigt;
seit dem Jahre 1460 waren sie mit Dänemark insoferne ver—
bunden, als der König dieses Landes, aus oldenburgischem