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tuche lieben kann; obgleich man sich an jener ungezwunge—
nen maßlosen Jovialität des achtzehnten Jahrhunderts immer
noch im Geiste damaligen Bestandes ergötzt. Grübel's Ge—
dichte geben ein merkwürdig inniges Verständniß zu dem
früheren Nürnbergthum und was Göthe darüber Lobes ge⸗
sagt, ist noch viel zu wenig. Im Gegensatz zu der berühr—
ten Jovialität meinen Viele in der Fremde draußen, es
müsse einem in dem gothisch gebauten Nürnberg überall
noch ein lebendig Stück Mittelalter in Art und Bildung
begegnen. Dem ist durchaus nicht so, das neunzehnte Jahr—
hundert leibt und lebt recht selbstzufrieden in der alten
Stadt umher. Ueber Tracht, Sitten, Sprache, über Alles
ist die moderne Kultur, Vielen ein Aerger, hinweggeschrit—
ten und hat ihre Einflüsse zurückgelassen *)Y. Die Zeiten
des Ausschlusses und der prätentiösen Absonderungen, welche
Reichthum und Machtbekleidung den alten Patriziern ein—
gaben, sind vorüber und die Zeiten der Mischungen haben
wie überall, so auch in Nürnberg seit einer ziemlichen
Weile schon begonnen. Von jenen adeligen Geschlechtern,
welche einst in Helm und Harnisch und später im Glanz
der höfischen Ritterkleidung den Bürgern so stolz und zuwei—
len übermüthig gegenübergestanden, leben noch Sprößlinge,
2) Auch auf das Landvolk hat sich diese moderne Kultur ausgedehnt;
die Tracht der Bauern und Bäuerinnen aus dem Knoblauchs⸗
lande wird immer seltener und Bauern mit weißen Filzhüten
und einer Cigarre im Munde find gerade keine gar zu große
Seltenheit mehr.
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