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verdanken sind. Im Jahre 1870 (18. März und 3. Mai) beschlossen die städtischen
Kollegien, neben den bestehenden Konfessionsschulen eine (Eonfessionell⸗-gemischte)
Simultanschule zu errichten und einen fachmännisch gebildeten Laien als Inspektor
derselben aufzustellen. Durch diesen Beschluß, der bald die Genehmigung der Kgl.
Regierung von Mittelfranken erhielt, trat in den Organismus der hiesigen Volks—
schulen eine neue Schulgattung und zugleich das Prinzip der fachmännischen Schul—
aufsicht ein.
Die Simultanschule wurde am 12. Juni 1871 eröffnet und zählte am Ende
des Schuljahres 1871/72 583 Kinder in 11 Klassen. Obwohl ein Zwang zum Be—
suche dieser Schule grundsätzlich nicht geübt wurde, entwickelte sich dieselbe von
Jahr zu Jahr, und zwar in dem Maße, daß am Schlusse des Schuljahres 1897 /98
211 Klassen mit 11294 Kindern in derselben vorhanden waren.
Wie in der Simultanvolksschule wurde die weltliche Fachaufsicht für die 1873
errichtete Mädchenfortbildungsschule und für die 1877 eröffnete obligatorische Knaben—
fortbildungsschule eingeführt. Im Jahre 1876 wurde das Referat über die
protestantischen und Simultanschulen in der Lokalschulkommission einem weltlichen
Schulmann übertragen. Gleichzeitig wurden auch die Verhältnisse der geistlichen
Schulinspektoren neu geordnet. Es gab damals 12 geistliche Inspektoren, 11 für
die protestantischen Schulen, einen für die katholische Schule. Die Zahl der Schul—
bezirke wurde nun bedeutend verkleinert, dafür aber deren Umfang vergrößert. Es
wurden 3 Inspektoren aufgestellt, einer für die protestantischen Schulen der inneren
Stadt, einer für die protestantischen Schulen im Burgfrieden und einer für die
katholische Schule. Wie den weltlichen, so wurde nun auch den geistlichen Inspektoren
für die Führung ihres Amtes ein Jahresgehalt ausgesetzt. Dieser Veweis von
Opferwilligkeit für das Gedeihen der Schule wurde von der Kgl. Regierung dadurch
anerkannt, daß sie dem Magistrate das Recht einräumte, die sämtlichen Schul—
inspektoren vorzuschlagen, während diese bisher von der Regierung ernannt worden
waren.
Dieses Recht war eine wohlverdiente Ergänzung des dem Magistrate im
Jahre 1821 verliehenen Rechtes der Präsentation für die sämtlichen Stellen im
Nürnberger Kirchen- und Schuldienste. Wenn nun die im Jahre 1876 durchgeführte
Neuordnung der Schulaufsichtsbehörden gute Früchte trug, so mußte doch bei der
zunehmenden, Vermehrung der Schulklassen und der hiedurch bedingten Vermehrung
der Schulbezirke ein Wunsch sich immer lebhafter regen, den die Stadtverwaltung
seit Jahren gehegt hatte, der Wunsch, für die städtischen Volksschulen und die
übrigen der Lokalschulkommission unterstellten städtischen Unterrichtsanstalten eine
einheitliche Leitung zu bestellen. Bis zum Jahre 1892 war das Referat in der
Lokalschulkommission geteilt, doch so, daß der katholische geistliche Referent nur die
katholische Schule, einen verhältnismäßig kleinen Teil der städtischen Schulen, der
protestantische weltliche Referent die protestantischen und Simultanschulen, sowie
alle übrigen der Lokalschulkommission unterstellten Schulen zu leiten hatte. Nun—
mehr wurde dem letzteren auch die Oberleitung der katholischen Schulen übertragen.
Derselbe wurde zugleich als städtischer Schulrat angestellt. In dieser Eigenschaft
ist er Mitglied des Magistrats mit Sitz und Stimme in den Gegenständen seines
Wirkunaskreises.
Für die Gestaltung des Unterrichts in den Nürnberger Volksschulen wurde
die mittelfränkische Lehrordnung vom Jahre 1877 maßgebend. Schon im Jahre
1876 indes hatte der Magistrat in den Knabenklassen IVA VII den Turnunterricht
eingeführt, der später auch auf die entsprechenden Mädchenklassen ausgedehnt wurde.
Im Jahre 1878 wurde in den Knabenklassen V—VII der Uuterricht im Zeichnen,
1879 in den Mädchenklassen die Unterweisung in weiblichen andabeien ein⸗
geführt, an welcher seit Beginn des Schuljahres 1892/,93 sämtliche Schülerinnen
der Klassen II-VII teilzunehmen haben. Für diese drei Unterrichtsgegenstände
wurde zugleich eine fachmannifch gebildete Aufsichtsperson angestellt.