Volltext: Mein Kriegs-Tagebuch vom 29. Juli bis 1. September 1870

Der Maridh nad Norden nahın ale meine Gedanken in Anfprudh, und al 
einziger füßer Eroft blieb mir nur nod) eine am Weg hHaltende Pontonkolonne 
des Gardekorp3, woraus ich auf die Anwefenheit desfelben {Hloß, und wo die 
hingehen, Kalkulirte id, da gibt es Arbeit; aljo weg mit den düfteren Gedanken 
von Fejtungscernirung, wir werden jhon noch Zur frilhen, fröhliden Feld: 
Ihlacdht kommen. 
Der Marfh z0g jih bedeutend in die Länge. Es murde Nacht, e8 murbde 
Mitternacht und da erft erblidten wir in weiter Entfernung eine große An: 
zahl von Wachtfeuern: unfer Ziel; doch Hatten wir noch das unendliche Ver: 
gnügen, zuvor einen Bach durchwaten zu dürfen, der leider, mwmenn auch nicht 
tief, do fo mar, daß ein Ausziehen der Stiefel und Ausfhütten des Walfers 
au8 denfelben anı jenfeitigen Ufer al3 nöthig erachtet werden Konnte, Wir 
vaiteten bei Dombasle, einem ziemlidH ausgedehnten Ort, an der Straße 
Berdun:Chalon8 liegend, nörbliH und füdlih von nicht unbedeutenden Höhen: 
zügen überragt. Die Einwohner des Orts, der Maire inclufive, hatten das 
Weite gefucht; der Ort {hien von Mequifitionen fhon jtart mitgenommen, Dda 
nur mit Mühe etwas Stroh zu bekommen war. Die unzähligen Feuer bes 
feuchteten die Höhen mit magijhem' Schein und der fortmährende Vorbeimar[ch 
auf der Straße, an der wir bivonakirten, verlieh eine gewifje Poefie, über die 
man das fchledhte Lager und den fi einftellenden Regen Teicht verfhmerzen 
Eonnte. Segen Lebteren waren wir überhHanpt etwas abgehärtet worden und 
auf ein Bischen mehr oder weniger kam eS abjolut nicht an, denn Einer fonnte 
fich ftet8 mit dem Andern tröiten, da Keiner einen Megenfhirm mitge: 
nommen. 
ch alaube, der rafendite Liebhaber würde fi bedanken, folte er zur Er: 
reihung feines hHöchften Zieles fo und fo viel Nächte im Freien, im Regen zu- 
ringen. Und bei uns wurde e8 jebt bier Wochen, in denen wir Heute zum 
15. Male nur den Himmel über unz, die Erde unter un8, aber auch noch 
:twa8 in uns Hatten, das uns alle Strapazen erleidhterte, unfern Muth belebte, 
un8 mit Hoffnung durchglühte, 5a8 mar das Vertrauen auf die gute, gerechte 
Sache, auf unfere Führung und das Bewußtjein, daß e8 ih um Sroßes 
Handle, um Sein oder Nichtlein des Vaterlandes; darum ausgehalten biz zum 
Neußerften — mit Gott für König Vaterland —- Hurrah. 
28. Auguft. 
Der Regen ließ nidht nad und unfere Lage war bald eine [oldhe, daß e8 
gefährlich gewefen wäre, fehr lange auf einem lage ftehen zu bleiben, da fi 
jonft mieder der alte Kampf zwiichen ErdreiH und Stiefelmert zu ent 
pinnen drohte, 
Sich tief herabfenkende MNegenwolfen benahmen jede Ausfiht und gaben 
dem ganzen Bivouak eine melandjolijhe Färbung, die durch die düfter bren: 
nenden Feuer nur noch erhöht wurde. 
€8 mochte Früh 10 Uhr fein, als wir unfern Marfch auf der Straße 
nad Clermont im ftrömenden Regen antraten und die fajt fHon bodenlofe 
Straße noch etwa3 hodenlofer machten. 
Als einziger Hoffnungsfirahl fuhr in diefem Regennebel und Nebelregen 
bie Feldpoft, die mir feit einigen Tagen nicht mehr erhalten und die deshalb 
Heute un8 nad NachHridhten Dürftenden wieder um jo mehr brachte, 
Mochte e& nun gießen wie e8 wollte, Briefe und Zeitungen mußten ge: 
(efen werden und da die Menjhen {Hon naß waren, mußten die Briefe 26, 
dies Schiekjal theilen. Wer fo unklug war, das Lefen derfelben und haupt:
	        
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