Volltext: Versuch einer grammatischen Darstellung der Sprache des Hans Sachs (1. Theil)

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Es ist ja sattsam bekannt, wie es mit der Vers- und Reim- 
kunst der Meistersinger bestellt war, trotz der vielen Regeln der 
Tabulatur (des „Schulzettels“; — der des HM. S. ist veröffentlicht 
durch Dr. Hertel im Zwickauer Gymn.-Progr. 1854 —), deren Gel- 
tung überdies aufserhalb des Meistergesanges wegfiel. Freilich ist 
von vorn herein die Vorstellung abzuweisen, als ob die im Reime 
stehenden vom Gewöhnlichen abweichenden Gebilde lediglich durch 
den Zwang des Reimes ins Dasein gerufen, völlig neu geformt seien 
(wie wir etwa in Bänkelsängerweisen auf stiefeln : verzwiefeln, auf 
hoffen : ergroffen gereimt schen); vielmehr haben wir durch solche, 
allerdings dem Reim zuliebe herbeigezogene, Proletarier willkommene 
Gelegenheit, Einblicke in den früheren Bestand der Sprache oder 
den damaligen Zustand der Mundart zu thun, 
Dagegen lassen uns die anderen unreinen Reime wenigstens 
so viel vermuthen, dass die so zusammengestellten Laute auch in 
Wirklichkeit sich genähert haben mögen. — Ich führe hier einige 
Fälle auf, die weder nach mhd. noch nach nhd, Sprechweise für 
rein gelten können, 
a) Nach der Quantität: wern (= weren) : gern (1 3), :herrn 
(84), kert (von kerren) : gelert (IX 5), beth : steht (117), sach : nach 
(II 184), gethan : man : kan, kamen : zamen (beisammen I 41), gab 
:ab (I 16), that: glat (11 72), viech: ich (II 50) ete. 
b) Nach der Qualität : reyen : frewen (1 50), freundt : erscheint 
(I 29), teuffel: zweiffel (II 70), träwm : geheim (11 83), diern : fürn 
(I 56), geselln : wölln (11 3), bestelln : wölln (11 4), geht: het (II 67), 
erneren : ehren (1110), wern (werden) : ehrn (I 25); darvon : an 
(1 25), schon : an (X 53, sonst auch on), an: thon (gethan 11 25, sonst 
auch than), rumor : uhr (1 55); presentz : genns (11 5), confect 
:gschleck (127) [contrackt : plagt (128), vermag : sack (I 29), tranck 
:lanck (81), trunck : genungk (127, 31); doch hierüber vd. unten 
bei g u. k 8. 31; befolhen : holen (1 32)]; von den auf Druck- oder 
Schreibfehler zurückzuführenden Verstöfsen ganz zu schweigen. (So 
haben AC 1114 wandrer: ander, S wanderer: anderer; IX 8 schält- 
wachen : schlachten u. a.) Die möglichen Folgerungen aus all dem 
sollen im nächsten Abschnitt gezogen werden. 
Die Frage nach der Interpunction in H. S. Gedichten, 8, 8, 
die sich einer Betrachtung der Orthographie fast mit Nothwendigkeit
	        
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