Volltext: Albrecht Dürer

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zeit, die war am Montag vor St. Margarethen im Jahre 1494.“ 
Mit dieser Nachricht schliesst die Familienchronik für viele Jahre 
ab und lässt darauf unmittelbar die Erzählung vom Tode des Vaters 
im Jahre 1502 folgen. 
Die gute Frau Agnes hat bei der Nachwelt die längste Zeit 
einen gar schlechten Ruf genossen. Im Gegensatze zu ihrem un- 
ruhigen Vater, welcher allerhand Beschäftigungen nachging und 
mancherlei Künste verstand, am besten unter dem Begriffe eines 
geistvollen gefälligen Dilettanten gefasst werden kann, scheint Agnes 
die Tugenden einer stillen, stets emsigen Hausfrau ausgebildet zu 
haben. Die Nachwelt hat aber diese gut bürgerlichen Eigenschaften 
in ein arges Zerrbild verwandelt. Sie ist im Sprichworte der alten 
Xantippe an die Seite getreten und soll durch ihren Geiz, ihr stetes 
Keifen Dürers Tod beschleunigt haben. Die Anklage gründet sich 
auf eine Stelle in einem Briefe, welchen Pirkheimer, der beste 
Freund Dürers, allerdings erst nach dem Tode des letzteren, an 
den kaiserlichen Bademeister Tschert in Wien gerichtet hatte. Jetzt, 
nach dreihundert Jahren, können Zeugen und Gegenzeugen nicht 
einander gegenüber gestellt werden. Was wir über Dürers Ver- 
hältnis zu seiner Frau wissen, ist folgendes: Er macht in seinen 
Briefen nicht viel Worte über sie. Er erkennt ihre geschäftliche 
Tüchtigkeit an, überlässt ihr vertrauensvoll die Leitung der Wirt 
schaft und der Werkstätte. Sie besorgt in seiner Abwesenheit den 
Verkauf der Kunstware und wenn die Einnahmen knapp geworden 
sind, so springt sie willig helfend ein und lässt sich von ihrem 
künftigen Erbteil beträchtliche Summen voraus zahlen. Öfter be- 
gegnen wir der Dürerin in Zeichenwerken des Gatten. In die 
früheste Zeit, vielleicht noch in die Monate vor der Hochzeit, fällt 
die kleine Federzeichnung in der Albertina, welcher Dürer die In- 
schrift: „Mein Angnes“ beifügte. 
In schlichter Haustracht sitzt ein schlankes, junges Mädchen 
an einem Tische, Sie hat die gekreuzten Arme auf die Tisch- 
platte gelegt und stützt Kinn und Mund auf den Rücken der rechten 
Hand. Mit besonderer Anmut hat sie die Natur nicht bedacht. 
Die schweren Augendeckel fallen selbst auf dieser flüchtigen Skizze 
auf, Auch dem einfach gescheitelten Haar — nur ein kleines 
Zöpfchen ist hinten aufgegangen — kann man üppigen Wuchs 
nicht nachrühmen. Dennoch, wic sie hier still sinnend, ruhig 
‘auschend sitzt, fesselt sie unwillkürlich das Auge und macht den 
Cindruck einer ehrlichen, ernsten Seele. Im Jahre 1504 zeichnete
	        
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