Volltext: Albrecht Dürer

das Freie — offenbarte sich die bewusste Anlehnung an gleich- 
zeitige Bildnisse. Zuerst befremdet diese Vorliebe für die Wieder- 
gabe der eigenen Züge. Aber so wenig wie bei Rembrandt, mit 
welchem er diese Neigung teilt, liegt die Wurzel in kleinlicher 
Eitelkeit. Wohl durfte er stolz sein auf sein edel geschnittenes 
regelmässiges Antlitz; wohl mochte er sich an seinem schmucken 
Ausschen freuen. Noch lachte ihm die Zukunft entgegen, noch 
hatte er keine herben Erfahrungen gesammelt. In Wahrheit trieb 
ihn zu diesen Selbstporträten künstlerischer Eifer. Wie Rembrandt 
an dem eigenen Kopfe malerische Aufgaben löste, den Zauber des 
Helldunkels erlernte, ebenso schärfte Dürer in den Spiegelbildern 
das Auge und den Formensinn und bemühte sich Kopf, Hände 
ınd Gestalt auf einem festen Grunde aufzubauen. 
Was sonst an Jugendarbeiten vorliegt, zeigt bald den beschei- 
denen Anschluss an ältere Vorbilder, bald den mutigen Versuch, 
die Gestalten und Gruppen dem unmittelbaren Leben zu entlehnen. 
Die Federzeichnung z. B. vom Jahre 1485 im Berliner Kupferstich- 
kabinett, welche die Madonna mit dem Christkind unter einem 
Thronhimmel sitzend darstellt, und zwei psaltierenden Engeln zur 
Seite, geht auf die Zeichnung (oder den Stich ?) eines älteren Meisters 
zurück. Die drei Landsknechte dagegen, in cifriıgem Gespräche, 
auf ihre langen Spiesse sich stützend, begriffen (Berlin) oder der 
Reiterzug, welcher aus einem Hohlweg herauskommt und lebhaft 
das Ziel der Reise, eine Stadt im Hintergründe , begrüsst (Bremer 
Kunsthalle), müssen wir als den Widerschein wirklicher Vorgänge 
auffassen. In den unruhigen Zeitläuften lenkte sich die Aufmerk- 
samkeit der Menge stärker als jemals auf die äusseren Ereignisse 
und stieg die Neugierde, zu erfahren, was in weiten Ländern, bei 
fernen Völkern vorgehe. Türken und Landsknechte wurden inter- 
essante Persönlichkeiten, Dank dem Holzschnitte und Kupferstiche 
gebot jetzt die Kunst über reiche Mittel, diese und ähnliche volks- 
tümliche Vorstellungen zu verkörpern. Auch Dürer huldigte in 
den beiden aus dem Jahre 1489 stammenden Federzeichnungen dem 
gleichen Hange. Sie wetteifern nicht nur gegenständlich mit gleich- 
zeitigen Stichen, sondern lehnen sich auch in der fremden Behand 
lung an sie an. Die Umrisse werden fest und scharf gezogen, feine, 
parallel laufende Striche ihnen entlang geführt, die Schatten durch 
Kreuzstriche verstärkt. Demnach lässt sich Dürers Können bei 
dem Austritte aus Wohlgemuths Werkstätte also umgrenzen. Im 
Anschluss an den Lehrer und an die allgemein beliebte Kunfer-
	        
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