Und da ich schreiben und lesen gelernt hatte, nahm er mich
wieder aus der Schule und lehrte mich das Goldschmiedwerk.
Und als ich nun säuberlich arbeiten konnte, trug mich meine Lust
mehr zu der Malerei denn zu dem Goldschmiedwerk. Das hielt
ich meinem Vater vor, aber er war nicht wohl zufrieden, denn
ihn reuete die verlorene Zeit, die ich mit Goldschmiedslechre hatte
zugebracht. Doch liess er es mir nach und da man zählte nach
Christi Geburt 1486 am S. Andreastage (30. Nov.), versprach mich
mein Vater in die Lehrjahre zu Michael Wohlgemuth, drei Jahre
ang ihm zu dienen. In der Zeit verlich mir Gott Fleiss, dass ich
wohl lernte, aber viel von seinen Knechten leiden musste. Und
da ich ausgedient hatte, schickte mich mein Vater hinweg und ich
blieb vier Jahre aussen, bis dass mich mein Vater wieder forderte.
Und als ich in 1490 Jahre hinwegzog nach Ostern, darnach kam
ch wieder, als man zählte 1494 nach Pfingsten.‘
Zwei Meister, der Vater und dann Wohlgemuth, lenkten also
die ersten Schritte Dürers auf den Kunstpfad. Müssig erscheint
die Frage, was Dürer bei dem Vater gelernt hat, da wir von der
künstlerischen Thätigkeit des letzteren nichts wissen. Unfruchtbar
ist auch die Erörterung, was Dürer der persönlichen Unterweisung
durch Wohlgemuth oder dessen Gesellen verdanke. Dass er die
'etzteren mit den kurzen, harten Worten abspeist: er hätte viel
von den Knechten leiden müssen, spricht nicht für ein besonders
inniges Verhältnis zu ihnen oder für eine dankbare Anerkennung
ihrer Verdienste um seine künstlerische Erzichung. Dagegen be-
wahrte er stets dem alten Wohlgemuth ein freundliches Andenken
ınd zeichnete des Lehrers Kopf noch einige Jahre vor dessen Tode
mit sichtlicher Liebe und Sorgfalt. Handwerksmässige Erziehung,
wie sie in jener Zeit üblich war, drängte die feineren persönlichen
Einflüsse zurück. Wohlgemuth war auch nach den uns vorliegen-
den alten Zeugnissen nicht ein Mann, welcher sich über die
Kunst besondere Gedanken machte und die Seele des Lehrlings in
yärende Unruhe versetzte. Das Beste ist, wir halten uns an die
erhaltenen Kunstproben aus Dürers frühester Jugend. Er war drei-
zehn Jahre alt, als er sich selbst vor einem Spiegel mit dem Silber-
stifte konterfeite. Das Papierblatt, in der Sammlung des Erzherzogs
Albrecht in Wien (Albertina) bewahrt, zeigt eine noch unsichere
Hand und eine gewisse, durch die Schwierigkeit der Aufgabe ge-
steigerte Befangenheit. Hand und Nase sind zu lang ausgefallen,
die Augen blicken starr und stumm. Immerhin offenbart sich schon