Volltext: Albrecht Dürer

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Reformation, in deren Grund und Boden sie wurzelte. Der Mann 
aber, welcher ihr vor allen anderen zum Durchbruche verhalf, war 
Albrecht Dürer, 
Seine Natur, seine künstlerischen Neigungen, seine theo- 
retischen Studien hatten ihn für diese Rolle wirksam vorbereitet. 
Von früher Jugend hatte er sich Porträtdarstellungen zugewandt 
und an ihnen sein Auge stetig geübt. Im Jahre 1514 stach er 
in kleinem Massstabe die Apostel Paulus und Thomas (B. 50, 48); 
die ersten Gestalten, welche ein eingehendes Gewandstudium, und 
zugleich das Streben nach einem gesammelten Ausdrucke in den 
Köpfen verraten. Der Aufenthalt in den Niederlanden, wo auch 
sein Formensinn mannigfache Anregungen fand und die Strömung 
in der Heimat nach seiner Rückkehr förderten die in ihm schon 
lange keimenden Neigungen. In die letzten Lebensjahre fallen 
‚mit Ausnahme des kleinen Kardinals) sämtliche gestochenen Por- 
träts, die schönsten Porträtzeichnungen und die berühmtesten ge- 
nalten Bildnisse, 
Eine alte Schuld hatte er an Erasmus von Rotterdam abzutragen. 
Er hatte ihn in Brüssel 1520 mit der Kohle zu zeichnen begonnen. 
Nach dieser Zeichnung stach Dürer 1526 das Bildnis (B. 107), 
welches den Gelehrten in weitärmeliger Schaube, bedeckten Hauptes 
am Pulte emsig schreibend, darstellt. Die Anordnung zeugt von 
grosser Sorgfalt. Auf dem Tische, welcher dem Schreibpulte 
als Unterlage dient, steht eine Vase mit Blumen, die Bank davor 
ist mit Folianten, offenen und geschlossenen, belegt. Der Künstler 
giebt dem Stiche den Charakter eines Gemäldes, bemüht sich auch 
seine technische Geschicklichkeit in hellem Lichte zu zeigen. Den 
Eindruck frischen Lebens, packender Wahrheit weckt das Blatt 
nicht; es brachte Dürer von Erasmus nur kühles Lob ein „dass es 
aicht ganz ähnlich sei, könne nicht wunder nehmen, da er sich in 
den letzten fünf Jahren sehr verändert habe.“ Mit sichtlicher Liebe 
sind dagegen die Züge Pirkheimers und des Kurfürsten Friedrich des 
Weisen von Sachsen (1524) wiedergegeben (B. 106, 104). Anziehend 
von Natur sind gewiss weder die eine noch die andere Persönlichkeit 
zewesen. Alter und Fett hat die Gesichter aufgedunsen, schwer 
und stumpf gemacht. Wie vortrefflich macht sich die kleine Ver- 
drussfalte bei Pirkheimer geltend, wie klar spricht aus dem matt- 
gewordenen Auge, dem Doppelkinne der Rückgang geistiger 
Schärfe, die Neigung zum Genussleben. Milde und Gutmütigkeit 
prägt sich in dem Kopfe des Kurfürsten aus, aber zugleich eine
	        
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