I. Abschnitt.
Vom Tode Hans Sachsens bis Opitz.
Gestorben ist Hans Sachs, der alte teutsche Poet,
Gott verley im und uns ein fröliche urstet!
In diese Reime faßte, wie uns überliefert ist, ! das Nürnberger
Totenbuch die Nachricht von dem Hinscheiden des großen Meister-
sängers zusammen, der, so lange er die Feder führen konnte, im
Dienste der Musen stand. Es war am Abend des 19. Januars 1576,
als Hans Sachs aus dem Leben schied. Am 5. November 1494
hatte er das Licht der Welt erblickt, mehr als 81 Jahre waren
ihm also für seinen Erdenwandel gegönnt gewesen und er hat diese
Zeit eifrig genutzt. Sein Leben umspannt einen Zeitraum, der reich
war an einer Überfülle treibender Kräfte. Renaissance und Huma-
nismus hatten die Welt der Geister mit neuen Ideen erfüllt und die
Reformation die Gemüter von Grund auf erschüttert. Von diesem
Hintergrunde der Zeit hebt sich das Bild Hans Sachsens ab, klar
und festumrissen, so wie ihn Hans Brosamers Hand mit sicheren
und lebendigen Zügen im Holzschnitt (1545) festgehalten hat.? Nach
seiner Wanderfahrt in jüngeren Jahren blieb die glanzvolle freie
Reichsstadt Nürnberg dauernd die Stätte seines Schaffens. Zu seinen
Zeitgenossen und engeren Landsleuten gehörte der berühmte
Humanist und Staatsmann Wilibald Pirkheimer und der große
Formenkünstler Albrecht Dürer.
Das Leben Hans Sachsens war dahingeflossen wie ein silberklarer
Bach, der die Umgebung in seinen Wellen getreu wiederspiegelt, nur
selten in ein schnelleres Fluten übergeht oder von losgelöstem
Ufergestein in seinem Laufe gehemmt wird. Was sich auf dem all-
1 8. Ranisch, Lebensbeschreibung Hanns Sachsens, Altenburg, 1765,
S. 48 (c). E. Mummenhoff, Hans Sachs, Nürnberg, 1894, S. 134. Vor allem
Alfred Bauch, Barbara Harscherin, Hans Sachsens zweite Frau, Nürnberg,
1896, 8.83. Bauch hat in diesem Buche, auf urkundliches Material gestützt,
wertvolle Beiträge zur Lebensgeschichte Hans Sachsens geliefert.
2 Eine Wiederrabe dieses Bildes bei Mummenhoff a. a. O0. als Titelbild.