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Kommt nun diese Ecke derart an eine benetzbare Wand zu liegen, dats
die Fläche ABC an derselben anliegt, so stellt ADB das Niveau der
Flüssigkeit dar. In der Richtung AD wirkt aber auch die benetzende
Anziehung und zwar dem Drucke AD gerade entgegen. Wird daher bei
A die Oberflächenspannung ganz aufgehoben, so verkleinert sich genannte
Wirkung umgekehrt proportional der Entfernung. Durch diese Anziehung
und Aufhebung eines Teiles der Oberflächenspannung wird die unter dem
vollen Binnendruck stehende Flüssigkeit, an den Stellen verminderten
Druckes in die Höhe getrieben, bis Gleichgewicht eintritt, Das Gleich-
gewicht verlangt aber allseitig gleichen Druck auf die Flüssigkeit, daher
mufs ein sogenannter Anlauf an der benetzten Wand entstehen, und durch
die Wirkung mehrerer solcher Anläufe entstehen die Formen, welche der
Kapillarität eigen sind.
Die sogenannte Haarröhrchenanziehung wird sofort klar, wenn man
sich zunächst das Ansteigen einer Flüssigkeit zwischen zwei Platten ver-
zegenwärtigt. Ein Aufsteigen im wahren Sinn des Wortes wird nämlich
zwischen zwei senkrechten Platten nur dann erfolgen, wenn sich der Einzel-
anlauf weiter erstreckt, als der halbe Abstand der Platten beträgt. Der
Grund hiefür liegt in Folgendem: Nur für den Fall, dafs von beiden Platten
auf ein und dasselbe Teilchen Anziehungswirkung ausgeübt wird, kann
eine Addition der Einzelwirkungen erfolgen und bei gleichzeitiger Anziehung
werden sich die Wirkungen direkt summieren, wie dies in beistehender
Figur anvedeutet ist.
£ — Einzelanlauf. N
M — Meniskus durch Summiren der Werte von E.
Um Jetzt von der Steighöhe zwischen zwei Platten zu derjenigen in
Röhren zu gelangen, sind zwei solcher Plattenpaare nötig, die zusammen
ain Quadrat einschliefsen. Die Einzelwirkung beider Plattendaare wird sich