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in unserem Falle wie auch in den früheren anderer Autoren nur, auf welchem
Wege das Ablassen von Cerebrospinalflüssigkeit zu diesem erwünschten Ziele
führt. T,enhartz, der Urheber dieser Behandlungsweise für die chlorotischen
Kopfschmerzen, nimmt eine Vermehrung des Druckes und der Menge des
Liquor cerebrospinalis infolge einer vermehrten Transsudation an. Daneben
glaubt er an die Möglichkeit von Hirnsinusthrombosen, die durch Verlegung
von Abflusswegen des Liquor zu einer Stauung führen. Die Grundursache
sei die Herzschwäche und die daraus folgende Verlangsamung der Strömung
in der Schädelhöhle. Er fand in 18 Fällen von 20 eine Erhöhung des Sub-
arachnoldealdruckes auf 190 mm und darüber. Auch in unserem Falle war
der Anfangsdruck bedeutend erhöht (320 mm). In dieser Erhöhung des Hirn-
druckes die Ursache des Kopfschmerzes und in ihrer Beseitigung die Ursache
der Heilung zu suchen, ist somit durchaus berechtigt. Liegt also eine Erhöhung
des Hirndrucks messbar vor, so entkräftet sich von selbst der seit Stadelmann
am meisten gehörte Einwand, die Lumbalpunktion heile die chlorotischen Kopf-
schmerzen auf suggestivem Wege, so schwer es auch sein wird, diesen Ein-
wand in allen Fällen überzeugend abzuweisen. Wir glauben nicht, dass in
unserem Falle die Suggestion eine Rolle gespielt hat. Wohl aber ist noch
hervorzuheben, dass die Herzschwäche, wenn sie auch nicht die Grundursache
aller cerebralen Erscheinungen war, doch ihr Theil dazu beigetragen hat, die
Störungen des vermehrten Hirndrucks auftreten zu lassen. Denn nach Quincke
ist der absoluten Höhe des Hirndruckes die Schwere der Erscheinungen nicht
einfach proportional, sondern es spielt unter anderem die Leistungsfähigkeit
des Herzens herein. Ein schwaches Herz kann die Cireulation im Hirn
nicht solange aufrecht erhalten als ein kräftiges,
G, H., 27 jähriger, verheirateter Bäckermeister, wurde am 30. April auf die
Abtheilung gebracht.
Acht Tage vor dem Eintritt erkrankt mit allgemeinem Krankheitsgefühl,
drei Tage noch weitergearbeitet, seit fünf Tagen bettlägerig und Durchfälle
Früher nie krank.
Vor dem Eintritt unter der Wahrscheinlichkeitsdiagnose Abdominaltyphus
ärztlich behandelt,
Aufnahmestatus: Mittelkräftig gebauter und genährter Mann. Kühle
Extremitäten. Oberflächliche frequente Athmung, 44, Puls 104, kompressibel,
regelmässig, dickroth. Haut heiss, Temperatur 40,3%, Zunge und Rachen sehr trocken,
Zunge belegt. Zwerchfellshochstand beiderseits, Lungen o. B. Schwache Herz-
aktion. Mässiger Meteorismus, Milz weder zu fühlen noch zu perkutieren,
Mehrere blasse Roseolen, Blase hochgefüllt, muss katheterisiert werden. 24stündige
Urinmenge 1350 ccm, spez. Gew, 1025, 1° Eiweiss nach Esbach, massenhafte
granulierte Cylinder im Schleudersediment. VDiazoreaktion stark positiv. Indikan
beträchtlich vermehrt.
In den nächsten Tagen Continua zwischen 39,4 und 40,4. Gebadet wird
wegen der starken Nierenreizung nicht. Starke Somnolenz, lässt erbsenfarbne
dünne Stühle unter sich gehen, Retentio urinae. Vom 3. Tage an wird die
Somnolenz noch tiefer, komaähnlich; Patient reagiert auf Anrufen nicht, nimmt
aber die gereichte Nahrung zu sich. Pupillen reagieren normal, Patellarreflexe
zarloschen, Fusssohlenreflexe lebhaft. Nacken- und Rückensteife.