Volltext: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg für das Jahr 1926/27 (1. April 1926 bis 31. März 1927) (1926/27 (1927))

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Gesundheitswesen und Jugendpflege 
die Entwicklung der Familienfürsorge gibt. Allerdings werden dabei nur diejenigen Fälle berück— 
sichtigt, die in „laufender“ Betreuung stehen. Die Statistik kann daher keinen eigentlichen Maßstab für 
die Arbeitsleistung der Familienfürsorgerinnen bilden — da die sehr zahlreichen Fälle außer acht 
bleiben, in denen die Fürsorgerin nur vorübergehend tätig wird — vermittelt dafür aber ein unge— 
fähres Bild von der Entwicklung der Arbeit, ihrer Verteilung auf die einzelnen Stadtkreise und von 
Art und Häufung der an den einzelnen Fällen beteiligten Fürsorgegebiete. 
Während der Beobachtungszeit stieg die Zahl der Fälle („laufend“ betreute Familien oder 
alleinstehende Personen) von 7910 (1. Juli 1926) auf 8244 (1. Oktober 1926), 9042 (1. Januar 1927) 
und 9483 zu Ende des Geschäftsjahres. Hiervon bedurften 5927 (62,5 Prozent), also weitaus die 
meisten, gleichzeitig Erziehungsfürsorge, Gesundheitsfürsorge und wirtschaftlicher Fürsorge oder Für— 
sorge auf zweien dieser Gebiete, 3556 Fälle (37,5 Prozent) berührten nur je ein Hauptgebiet. Die 
Familienfürsorgerinnen gingen also u. a. bei 5927 Familien regelmäßig als einzige Fürsorgerin aus 
und ein, von denen jede vor Einführung der Familienfürsorge durch 2 oder noch mehr Spezialorgane 
hätte betreut werden müssen. 
Im Berichtsjahre fanden 3 Bezirksfürsorgekonferenzen, T Konferenzen mit den Vertrauens— 
frauen und 11 bezirksweise Besprechungen statt. 
Da die Fürsorgerinnen bei den einzelnen Kreisämtern der wirtschaftlichen Fürsorge stationiert 
sind, so ergeben sich gewisse Schwierigkeiten für die Zusammenarbeit mit den nicht dezentralisierten 
Amtern (Jugendamt und Gesundheitsamt) und für die Aufsichtsführung im allgemeinen. Eine 
Besserung dieser Verhältnisse ist von der Verlegung der Leitung der Familienfürsorge, des Jugend— 
amtes und der Geschäftsstelle der Säuglings- und Kleinkinderfürsorge in das gemeinsame Dienst— 
gebäude an der Karlsbrücke zu erwarten, wo auch Arbeitsplätze für die Familienfürsorgerinnen vor— 
gesehen sind. 
Fortbildung der Wohlfahrtsbeamten. Es wurden zwei öffentliche Vorträge veranstaltet: Ober— 
regierungsrat a. D. Dr. Marie Baum sprach am 11. Februar 1927 über „Eindrücke von englischer 
Sozialpolitik und Wohlfahrtspflege“, Professor Dr. Aloys Fischer am 31. März 1927 über „Jugend— 
fürsorge als sozialpädagogische Aufgabe“. Außerdem fanden zwei Konferenzen über spezielle Fragen 
der Familienfürsorge statt (am 27. Mai 1927 mit Dr. Polligkeit, am 12. Februar 1927 mit Dr. 
Marie Baum). 
In der Zeit vom 2. mit 4. Oktober 1926 wurde wieder eine Freizeit in Weißenburg abgehalten, 
bei der Direktor Bäuerle eine Arbeitsgemeinschaft über „Die Bildungs- und Erziehunaskraft der 
Lebenskreise (Familie, Beruf, Volk)“ abhielt. 
Dienstliche Stellung der Wohlfahrtspflegerinnen. Für rund 70 Fürsorgerinnen und andere 
Beamtinnen aus dem Bereich der städtischen Wohlfahrtspflege wurden Anträge auf staatliche An— 
erkennung als Wohlfahrtspflegerin an das Staatsministerium für Unterricht und Kultus vermittelt, 
denen in fast allen Fällen stattgegeben wurde. 
Im Sommer 1926 wurde eine weitere (4.) Stelle einer sogenannten fliegenden Helferin ge— 
schaffen. Bei dem starken Personalwechsel — es schieden während des Geschäftsjahres 6 Kräfte aus — 
und dem hohen Krankenstand der Fürsorgerinnen waren diese fliegenden Kräfte wieder regelmäßig 
durch langfristige Vertretungen festgelegt. 
Zu Ende des Geschäftsjahres beschloß der Stadtrat neue Laufbahngrundsätze für 
staatlich geprüfte bzw. anerkannte Wohlfahrtspflegerinnen; zugleich wurden die bisher gebräuchlichen 
Dienstbezeichnungen „Bezirksfürsorgerin“ und „Fürsorgerin“ für die in der Familienfürsorge tätigen 
Kräfte in die einheitliche Dienstbezeichnung „Familienfürsorgerin“ umgewandelt. 
Das durch den Erlaß von Bestimmungen über die staatliche Anerkennung als Wohlfahrts— 
pflegerin und als Gesundheitsfürsorgerin, sowie durch die kürzlich erfolgte Gründung einer städtischen 
und einer privaten sozialen Frauenschule in Nürnberg geweckte Interesse der Offentlichkeit für den 
sozialen Beruf zeigte sich in vermehrten Anfragen über Ausbildungsmöglichkeiten und Berufsaus— 
sichten in der Wohlfahrtspflege und in stärkerem Zudrange zum Praktikum. Die Zulassungs— 
bedingungen für das Praktikum wurden neu geregelt. Im ganzen wurden während des Geschäfts— 
ahres 14 Praktikantinnen beschäftigt, meist in der Familienfürsorge selbst, vereinzelt in der Spezial— 
fürsorge. Die Vereinbarung mit der Sozialen Frauenschule der Stadt München aus dem Jahre 1922 
purde erneuert.
	        
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