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kölnischen Malerschule, ihre ganze Abstrusität in den meist von Frauen her-
rührenden Beschreibungen von Visionen und in den meisten Produkten der nach-
"olgenden Litteratur, vor allem in den nach Tausenden zählenden Gedichten über
die Dreifaltigkeit und zu Ehren der Jungfrau Maria. Wenn dabei zugleich ein
gewisser dunkler Schwulst beliebt war, so ging dieser freilich weniger auf die Mystik
zurück, als auf den „vinder wilder maere“, Wolfram von Eschenbach, von dem ein
deutlich wahrnehmbarer Faden zu dem apokryphen ‚Jüngeren Titurel“, zu Frauenlob
und so, vermöge des Einflusses, den dieser gewann, zur Litteratur des 14. und
[5. Jahrhunderts hinüberleitet.
Wie aber die ganze Zeit völlig von religiösen Gedanken und Empfindungen
erfüllt war, den Blick schwärmerisch oder grübelnd beständig auf die göttlichen
Dinge gerichtet hielt, so begnügte sie sich auch in der Poesie nicht mit einfachen
Lobeserhebungen, sondern kam zu förmlicher dogmatischer Spekulation. Obgleich
auf der einen Seite immer die Unerforschlichkeit der göttlichen Ratschlüsse und
Satzungen betont wird, sucht man doch andererseits mit der ganzen Inbrunst der
alten Mystiker in die Geheimnisse Gottes einzudringen. Man sinnt nach über das
Wunder der Schöpfung, der unbefleckten Empfängnis, des Erlösungswerkes und
oesonders der Dreieinigkeit. Man polemisiert dagegen, dass die Jungfrau Maria als
vierte Person mit in den Bund der Trinität aufgenommen werde, man tüftelt über
das A und das O als ein Symbol der Gottheit: das A mit seinen drei Spitzen
edeute die äussere Beschaffenheit, das runde O die „in wendig gotlich wirckung‘“,
was dann weiterhin unter Heranziehung mehrerer Bibelstellen auf die drei Personen
and ihre Einheit und Unteilbarkeit gedeutet wird. Und es sind nicht etwa Geistliche,
von denen solche Gedichte herrühren, sondern in erster Linie Handwerker. Hans
Sachs’ Lehrer, der biedere Leineweber Leonhard Nunnenbeck, bezeichnet den Gipfel
dieser der Natur abgewandten, saft- und kraft- und gegenstandslosen Dichterei.
Zudem ist klar, dass bei einer derartigen Beschränkung des Stoffgebietes der
Eründungskraft nur wenig. Spielraum gelassen war, und originelle Schilderungen sind
denn auch in der That überaus selten. (Folgt ein Beispiel aus einer Münchener
Aandschrift.)
Eine Ausnahme bildet hier wiederum Volkslied und Drama. In letzterem
entfaltet sich, selbst wo wir religiöse Stoffe behandelt finden, ein freierer Geist, und
die Figur des Krämers, der den heiligen Frauen Spezereien verkauft, wurde schon
({rüh dazu benutzt, eine richtige Possenszene einzuschieben, in der wir bekanntlich
lie Anfänge unseres Lustspieles zu erblicken haben.
Sonst aber stand es mit der übrigen Poesie in Deutschland nicht viel besser
als mit der Lyrik. Die religiöse Gärung unterdrückte auch im Epos alle Ansätze
zu einer höheren Kunst- Auffassung und -Ausübung und liess nur die niedrige
Gattung der didaktischen Poesie einige spärliche Blüten treiben. Voran steht hier
zelbstverständlich Sebastian Brant mit seinem in jener Zeit vielbewunderten und
aachgeahmten „Narrenschiff“, Aber Brant war nichts weniger als ein bedeutender
Dichter, und sein Gedicht etwa, wie es Trithemius thut, in Parallele zu stellen mit
Dantes Commedia, muss uns heute geradezu als eine Versündigung — freilich als
eine Versündigung aus Unverstand -— an dem grossen Italiener und seinem gött-
lichen Gedicht erscheinen. Eine gewisse Nüchternheit und Erfindungsarmut, die
wir neben der Lehrhaftigkeit als die charakteristischen Merkmale der Poesie dieseı
Zeit kennen gelernt haben, haften auch ihm an. Eben dieselbe fromme odeı