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Gemeinnützige Anstalten, Armenwesen und Wohltätigkeit
2 Invalide besuchten die Kgl. Höhere Webschule in Münchberg, 4Invalide die Kgl.
Ackerbauschule in Triesdorf, 1 Invalide beteiligte sich am Trichinenschaukurs im hiesigen
städtischen Schlachthof, 16 Invalide wohnten dem Nürnberger Bienenzächterkurs bei.
Sodann wurde die Verlegung sämtlicher Landwirte, welche sich in Nürnberger
Lazaretten befanden, in das Lazarett der Kreislandwirtschaftsschule in Schafhof veranlaßt,
um den Invaliden neben ihrer ärztlichen Behandlung gleich Gelegenheit zur weiteren
Ausbildung zu geben.
Für die praktische Tätigkeit, die Berufsanpassung und -Ausbildung wurden im Kgl.
orthopädischen Reservelazarett unter Mitwirkung des Stadtmagistrats, der Innungen,
von Fabriken, Einzelmeistern und auswärtigen Fachschulen Werkstätten geschaffen und zwar für
Buchbinder, Buchdrucker, Schreiner und Zimmerleute, Schneider, Schuhmacher, Korbflechter,
Feinmechaniker, Schmiede, Pinselmacher, Spielwarenmechaniker und Flaschner, Bildhauer,
Maler, Kunstglaser und andere Kunsthandwerker.
Nicht zu vergessen sind auch die Ausbildungsgelegenheiten der Blinden, die in der
hiesigen Blindenanstalt geboten werden. Die Kriegsblinden wurden dort im Lesen und
Schreiben der Blindenschrift, in der Musik und in der Bedienung einer Schreibmaschine,
je nach Lage des Falles auch einer Kontorschnellschreibmaschine oder einer solchen für plastische
Schrift mit Schriftzeichen für Sehende und Blinde unterrichtet. Es wurden Vorkehrungen
für Aufnahme der Korbflechterei getroffen; Halbsehende nahmen an dem allgemeinen Korb—
macherunterricht für Invalide teil. Außerdem standen für Kriegsblinde die Werkstätten des
Blindenunterstützungsvereins zur Verfügung.
Der Hauptstelle wurden zu den vorstehend geschilderten Berufsberatungen sowie
zur Teilnahme an den aufgeführten Kursen im Jahre 1915 im ganzen 1806 Kriegssinvalide
und -Verwundete gemeldet.
An die Berufsberatung, -Anpassung und -AAusbildung schloß sich die Arbeitsfür—
sorge an.
Es gelang der Hauptstelle bis zum Ende des Kriegsjahres 1915, von 124 Nürnberger
und 211 auswärtigen Arbeitgebern die Zusage zur Wiederaufnahme ihrer kriegsinvaliden
früheren Arbeiter zu erhalten.
Die Gesamttätigkeit der Arbeitsfürsorge der Hauptstelle zeigen nachfolgende Angaben,
bei denen aber die vorher angeführten Zahlen über Wiedereinstellung außer Ansatz blieben.
Gemeldet haben sich bis Ende 1915: 374 Arbeitsuchende, denen ein Angebot von
586 Stellen gegenüberstand. Vermittelt werden konnten 238 Invalide; zurückgenommen
wurden 94 Stellengesuche und 167 Angebote, so daß von ersteren 42 und von letzteren 181
unvermittelt auf das Jahr 1916 übernommen werden mußten.
Die Eingliederung des Invaliden in das Wirtschaftsleben, die Arbeitsfürsorge, soll
in einer Reihe von Fällen nicht sofort eintreten, in anderen kann sie ganz oder teilweise
überhaupt nicht mehr gelingen.
Hier muß eine weitere wirtschaftliche Fürsorge einsetzen.
Von den an sich möglichen Arten der Unterstützung ist der Fürsorgeeinrichtung keine
fremd. Die Regel ist Barunterstützung, einmalige wie fortlaufende. Daneben werden
Naturalunterstützungen jeder Art geleistet.
Die Unterstützung wurde nie länger als auf 2 Monate gewährt; nach Ablauf dieser
Zeit wurden die Verhältnisse von neuem sorgfältig geprüft.
Uber die Höhe der fortlaufenden Unterstützung haben langwierige Verhandlungen
innerhalb des kleinen Finanzausschusses stattgefunden, die zum Schluß zur Aufstellung der
nachfolgenden Richtsätze im Anschluß an die allgemeine Kriegsfürsorge führten.