Denkwürdige Vorfälle
Die auf Kosten der Stadt Nürnberg hergestellten überlebensgroßen Gruppen, ein
Löwe mit einer männlichen und ein Tiger mit einer weiblichen Figur, wurden nach den
Modellen des hiesigen Bildhauers Philipp Kittler in der Lenzschen Erzgießerei dahier gegossen.
20. und 21. Juli. Vertretertag des Verbands liberaler Arbeitervereine Bayerns.
22. und 23. Juli. Aufenthalt des Deutsch-amerikanischen Lehrerbundes in
Nürnberg.
Nach dem Besuch der Städte Bremen, Köln, Wiesbaden und Mannheim trafen am
22. Juli abends 370 Mitglieder des Nationalen Deutsch-amerikanischen Lehrerbundes,
darunter 290 Damen, auf der Durchreise zu eintägigem Aufenthalt hier ein. Die Stadt
Nürnberg hatte zu Ehren der Gäste unter Mitwirkung des Lehrergesangvereins Nürnberg
und des Philharmonischen Orchesters einen Begrüßungsabend im Industrie- und Kulturverein
veranstaltet. Bürgermeister Bräutigam entbot den Gästen den Willkommengruß der Stadt
und bezeichnete es als einen glänzenden Gedanken der deutsch-amerikanischen Lehrer, ihren
Lehrertag in Deutschland abzuhalten. Schulrat Weiß begrüßte namens der Schulleitung
die Kolleginnen und Kollegen aus Amerika. Am 23. Juli vormittags fand eine Besichtigung
der Stadt, namentlich des Rathauses, ferner der Sebalder und Lorenzer Kirche statt.
Nachmittags reisten die Gäste nach München weiter.
27. bis 31. Juli. 8. Deutsches Sängerbundesfest in Nürnberg.
Bei dem letzten Deutschen Sängerbundesfest in Breslau 1907 wurde für das
8. Deutsche Sängerbundesfest Nürnberg als Feststadt bestimmt. Daraufhin wurden
im Jahre 1909 die Vorbereitungen zu diesem Feste durch einen aus Mitgliedern des
Fränkischen Sängerbundes und der Nürnberger Sängergenossenschaft gewählten Ausschuß
in Angriff genommen und im Jahre 1911 zur Durchführung des Festes ein Hauptfestaus—
schuß und 10 Sonderausschüsse gebildet. Zu diesen Ausschüssen gesellte sich noch der Ehren—
ausschuß, der dem Ehrenvorsitzenden Oberbürgermeister Kgl. Geheimen Rat Dr. von Schuh
unterstützend zur Seite stand. 1. Vorsitzender des geschäftsführenden Ausschusses des
8. Deutschen Sängerbundesfestes war Bürgermeister a. D. Kgl. Geheimer Hofrat Ferdinand
von Jäger.
Für die Abhaltung des Festes wurde von der Stadtgemeinde Nürnberg die städtische
Festhalle im Luitpoldhain und ein großer Teil dieser Anlagen überlassen. Auf der südöst—
lichen Seite dieses Parkes gegenüber der städtischen Festhalle und der von der Bayerischen
Landesausstellung 1906 herrührenden großen Fontäne erstanden 1912 die Festbauten. Die
Gesamtanlage und die Schmückung des Festplatzes erfolgte nach den Plänen des Architekten
Heinrich Höllfritsch in Nürnberg. Dieser fertigte auch die Entwürfe und Konstruktions⸗
pläne zu den Vor- und Anbauten der Sängerfesthalle, die die Firma L. StrohmeyerCo.
in Konstanz und München errichtete. Die Halle bedeckte bei einer Länge von 132 m und
einer Breite von 600m 7920 qm. Die Grundfläche der Anbauten betrug 1200 qm, die der
Vorbauten 1560 qm, sodaß die Gesamthalle an überbauter Fläche 10680 qm einnahm. Das
Sängerpodium bot Raum für 15000 Sänger und 200 Musiker. Im Zuhörerraum standen
13000 Sitz- und Stehplätze zur Verfügung. Uber der Vorhalle waren ferner eine Fürstenloge
und Logen für Ehrengäste und über den Zuhörergalerien zwei Fahnengalerien von je 108 m
Länge errichtet. Die Bedachung bestand aus wasserdichtem Zwirnsegeltuch in Altgoldfarbe.
Der an die Sängerhalle sich anschließende Festplatz mit den Bierhallen, die 10000 Personen
Raum gewährten, ferner mit je einem Kaffee-, Wein- und Tanzzelt, Bratwurströsterei und
Verkaufsbuden—, hatte eine hübsche gärtnerische Anlage, geschmückt mit reizenden Gartenfiguren
und einem Minnesänger, modelliert von Philipp Kittler-Nürnberg, aufzuweisen.
Das Sängerfest wurde der aufgestellten Festordnung gemäß abgehalten.