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zeichnete sich fein ab, und Annes Stirn bildete
sich immer ähnlicher der des geliebten Mannes.
Sie ließ Anne frei. Das Kind bückte sich so—
fort nach dem entfallenen Spielzeug und sprang
unter die Linde zum kleinen Liesle, das dort
pielte.
Josephines Hände fielen müde in den Schoß,
fie sah starr vor sich hin. Wie eine Offenbarung
war es ihr aus den Augen des Kindes entgegen—
gestrahlt. Des Gatten Augen leuchteten frei und
freudig — aber nicht mehr ihr. Es wurde ihr
zur klarsten Klarheit: Heimgekehrt war er von
seiner langen Fahrt, aber nicht zu ihr war er
heimgekehrt. Nicht ihr und den Kindern galt sein
Denken, nicht für die Seinen wollte er nützen, was
er gesehen und gelernt. — —
Leise fielen die welken Blätter nieder. Die
Knaben harkten die Wege sauber, Anne und Liesle
spielten mit ihren Püppchen unter Mademoiselles
Aufsicht.
Josephine saß immer noch einsam auf ihrer
Bank. Unter den geschlossenen Augenlidern drängten
sich große Tränen hervor.
Joseph kam in die Nähe der Mutter, scheu sah
er nach ihr hin. Seine Augen füllten sich auch
mit Tränen. Wie es ihn hindrängte zur Mutter.
Sie saß in ihrem schwarzen Kleid so traurig und
allein im Schatten und ringsherum war doch Sonne.
Als er Christophs Pfeifen in der Nähe hörte,
eilte er ihm entgegen und veranlaßte ihn, wieder
tiefer in den Garten zu gehen. Es sollte niemand
die Mutter sehen, wie er sie gesehen. —
Am Abend kam Rottmann spät heim, die
Kinder schliefen schon.