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Gemeinnützige Anstalten, Armenwesen und Wohltätigkeit
Auch für ungelernte Arbeiter, namentlich Erdarbeiter, Kutscher, Packer sowie sonstige Tage⸗
löhner besserte sich die Lage des Arbeitsmarktes. Das Bildhauer-, das Goldschläger-, das
Holz-, das Bau⸗- das Wirtsgewerbe und die graphischen Gewerbe wurden jedoch durch
den Kriegsausbruch nahezu lahmgelegt. Für die weiblichen Arbeitskräfte, insbesondere für
das Haus- und Dienstpersonal, war die Arbeitsmöglichkeit durch den Krieg nicht groß. Die
starke Vermittlung für auswärtige staatliche Betriebe konnte das Überangebot nicht ausgleichen.
Nur die städtische Arbeitsstelle vermochte durch allmähliche Einstellung mehrerer Tausende
von Näherinnen und Strickerinnen einigermaßen ausgleichend zu wirken.
In den Monaten September mit November steigerte sich die Nachfrage nach männ—
lichen Arbeitskräften mehr und mehr; dagegen war im Dezember zu beobachten, daß die
Aufnahmefähigkeit des Handwerks und der Industrie etwas nachließ. Dies- ist wohl zum
größten Teil darin begründet, daß die benötigten Arbeitskräfte, soweit nicht gelernte Spezial—
arbeiter in Frage kamen, eben durch Arbeitskräfte, die erst angelernt werden mußten, er—
gänzt wurden.
Die mit Herstellung der Kriegsbedarfsartikel betrauten Geschäfte und Fabriken hatten
fortgesetzt großen Bedarf an gelernten Arbeitskräften. Trotz des kleinen Rückgangs der
Beschäftigungsmöglichkeit im Dezember 1914 steht zweifellos fest, daß der Arbeitsmarkt Ende
1914 weniger belastet war als Ende 1913.
Organisation des Amtes. Die Gesuche der Arbeitnehmer sind beim Arbeitsamt
ständig stark angewachsen. Während sie 1908 erst 15 375 betrugen, stiegen sie im Jahre 1912
auf 59 399; die Mehrung machte im vorigen Jahre gegenüber 1911 allein 7702 aus. Durch
diesen außerordentlich großen Andrang wurde es erforderlich, in der Weise wie es bei
zahlreichen anderen Arbeitsämtern mit gutem Erfolg eingeführt ist, im Interesse der
Stellensuchenden wie im Interesse des Amtes — zur besseren Ausnutzung der vorhandenen
Räumlichkeiten und zur Vermeidung unnützer Anfragen — bei einzelnen Abteilungen des Ar—
beitsamtes die stundenweise Arbeitsvermittlung einzuführen.
Nach einstimmiger Begutachtung durch den Ausschuß für das städtische Arbeitsamt
beschloß der Stadtmagistrat, zu dieser Maßnahme bei der Vermittlung von männlichen
gelernten Arbeitern, sowie bei der Vermittlung von Putz-, Wasch- und Zugehfrauen ab
l. Mai 1913 überzugehen. Diese Einrichtung hat sich bewährt.
Die Amtszimmer des städtischen Arbeitsamtes sind künftig an den Samstag-Nach—
mittagen von 2 Uhr an für den allgemeinen Verkehr geschlossen mit Ausnahme der Wirt—
schaftsabteilung, für welche zur Besorgung dringlicher Geschäfte ein Tagesdienst bis 4 Uhr
nachmittags eingerichtet ist.
Die Dienstzeit der Wirtschaftsabteilung wurde 1914 an den Samstagen bis 6 Uhr.
abends ausgedehnt; Sonntags ist die Vermittlung auf die Zeit von 10—1 Uhr festgesetzt
In den ersten drei Kriegsmonaten waren im Arbeitsamt von morgens 7 Uhr bis abends
7 Uhr ohne Unterbrechung, auch während der Mittagszeit, Beamte anwesend; ebenso konnte
auch an den Sonntagen die Vermittlung des Amts in Anspruch genommen werden. Plöglich
einsetzender großer Arbeiterbedarf zu Verladungen usw. machten dies ohne weiteres nötig.
In den beiden Berichtsjahren fanden je zwei Ausschußsitzungen statt. Auch der
Fachausschuß für das Gastwirtsgewerbe und der Frauenausschuß beim städtischen Arbeitsam
trat in beiden Jahren je zu einer Sitzung zusammen.
Eine eingehende Besprechung über die Berufsberatung fand am 18. Juni 1914 mit den
Vertretern der Handels- und Handwerkskammer, des Bezirkslehrer- und Lehrerinnenvereins,
des Detaillistenverbandes der Textil- und Modebranche, des Gehilfenausschusses bei der
Handelskammer, des Vereins Frauenwohl, der Vereinigung selbständiger Weißnäherinnen
und der Vereinigung der Damenschneiderinnen statt. Das Ergebnis der Verhaändlungen