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Alterthums, wenn auch gefondert von ihrem religisfen Leben,
Sroßes an Erkenntniß und Bildung errungen hatten, mit dem
Seifte Gottes zu durchdringen und deu göttlidhen Leben dienftbar
zu machen. E8 fehlt viel, daß die Kirche diefer Aufgabe immer
Senüge geleiftet hätte, und es war eine Zeit gefommen, da
das religiöfe Leben, den heilfamen DZuellen der Erkenntniß ent:
fremDet, fußt aus(chließend in Formen und Schräuden, in
äußeren Werken, Uebungen und BVerrichtungen aufging, das
Volk in unglaublider Unwiffenheit von göttliden Dingen fid
befand, und das, was fie Theologie und Wiffenjchaft nannten,
geiftlos und gefhmadlos geworden war. Kannte man doch
in den Gemeinden gar nicht mehr die Heilige Schrift, diefen
Kern Oriftliher Erlenntniß; war doch der Geift der Forfhung,
ob fidy’s alfa verhielte, wie Pählfte und Concilien behaupten,
fo gut wie erlofchen; war doch die Kenntniß der Sprache, in
welcher Die Bildner des Gefdmades, die Griechen einft ge
tedet Hatten, erftorben, chenfo wie die Nenntniz der Sprache,
in welcher die Propheten des Herrn Wort verkündigt hatten.
Das follte und mußte anders werden, als Gott der Herr feine
Kirche wieder in Onaden hHeimfuchete, als eine neue Aus-
gießung Des Geiftes erfolgte, als der Glaude an das Wort
Gottes und das Verlangen nach Gottes Wort und heilfamer
Lehre in dem Herzen des Ddeutfhjen Volkes wieder Lebendig
geworden war; und Daß e$ ein Andres geworden ift, das,
meine Theuren, haben wir dem Gott und Herrn zu danken,
der einem Philipp Mekandhthon allerlei Verftand gegeben hat,
um tüchtig zu lehren und als der Lehrer Deutfehlands, wie
er vorzugsweife genannt wurde, flüchtige Lchrer zu bilden.
Ein frühreifes Talent, hatte er, 12 Jahre alt, die Uniz
verfität zu Heidelberg bezogen, mit 16 InhHren eine griechifche
Grammatik drucken laffen, die lange. über ein Fahrhundert
hinaus als LehrbucG fi behauptete, hatte mit 17 Jahren icon