Metadaten: Berichte über die Bayerische Landes-Industrie-, Gewerbe- und Kunst-Ausstellung zu Nürnberg 1882

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zuheben ist. Ferner sind die Farben dieser Fabrik absolut arsenfrei, da 
die Arsensäure nicht mehr als Reduktionsmittel angewendet wird. Immer 
mehr und mehr erhalten die Teerfarben auch die Eigenschaft der Aechtheit 
und heute ist schon festgestellt, dass die sog. Naphtalin- Ponceaux die 
Cochenille an Waschächtheit übertreffen, dass das Bordeauxrot ebenso beständig 
als die Orseille und das Nigrosin oder Anilinschwarz kaum zerstörbar ist. 
9. Die Leinen-Industrie, die sich mit der Verarbeitung des Flachses 
und des Hanfes befasst, ist in Deutschland eine uralte, denn ausser Tacitus 
liefern uns Ueberreste aus der vorhistorischen Zeit der Pfahlbauten die 
sichersten Beweise dafür, dass dieses Material nicht nur versponnen und 
verwebt, sondern namentlich auch zu künstlerischem Flechtwerk insbesondere 
Netzen vielfach Verwendung gefunden hat. — Neben der Wolle war die 
Faser der Flachspflanze Jahrhunderte hindurch das einzige Textilmaterial, 
welches selbst gewonnen und verarbeitet, dem deutschen Volke zur Bekleidung 
und mancherlei anderen Zwecken diente, weil bis dahin Baumwolle fast 
unbekannt und Seide nur für die Reichen des Landes zu haben war. Daher 
erfreute sich die Flachs-Industrie, zwar lange Zeit hindurch ausschliesslich 
als Hausindustrie, nicht nur einer sehr bedeutenden Ausdehnung, sondern 
auch einer besonderen Pflege und Hochschätzung, die selbst so weit ging, 
dass Karl der Grosse nur Hemden trug, die seine eigenen Töchter gewebt 
hatten. Als die Leinenverarbeitung später mehr und mehr in die Hände 
von Gewerbetreibenden überging, gehörte sie Jahrhunderte lang zu den 
ausgedehntesten und lohnendsten Erwerbszweigen Deutschlands, namentlich 
auch Bayerns. Getragen von der Erzeugung des Rohproduktes im eigenen 
Lande deckte sie nicht nur dessen eigenen Bedarf, sondern erübrigte ausserdem 
solche Menge Garn und Gewebe, dass noch zu Anfang dieses Jahrhunderts 
ein Export im Werte von 60,000,000 Mark nach England, Spanien und 
überseeischen Kolonien stattfinden konnte. — In hervorragend hoher Blüte 
stand die Leinen-Industrie in Bayern und zwar in Augsburg vom 15. bis 
zum 17. Jahrhundert. Schon im 10. Jahrhundert war zwar die Leinen- 
Weberei in Augsburg von grosser Bedeutung, den grössten Aufschwung 
jedoch erhielt sie im 15. Jahrhundert in erster Linie durch die Familie 
Fugger, deren Gründer Hans 1370 als Leinwebergesell nach Augsburg kam 
und bald zu so hohem Ansehen gelangte, dass das Haus Fugger Jahrzehnte 
lang durch die ausgedehntesten JHandelsbeziehungen fast den Weltmarkt 
beherrschte. In Folge dieser Einflüsse befanden sich im Jahre 1610 in Augs- 
burg 6000 Leinwebermeister, welche jährlich 7 0,000 Stück gebleichte Leinwand 
der verschiedensten Feinheit und 475,184 Stück Barchentgewebe aus Leinen 
kette und Baumwolleinschlag fabrizierten. Die mächtige deutsche Hansa ver 
trieb diese Produkte der Weberei nach allen Weltgegenden, so dass die 
Leinenmanufaktur unermesslichen Reichtum nach Augsburg brachte. 
Die Religionskriege richteten dann die deutsche und insbesondere die
	        
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