Objekt: Berichte über die Bayerische Landes-Industrie-, Gewerbe- und Kunst-Ausstellung zu Nürnberg 1882

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wichtige Rolle. Sie kam zu Anfang des 18. Jahrhunderts dahin und brei- 
tete sich in Folge der in Fürth damals herrschenden Gewerbefreiheit rasch 
aus. Die Spiegelrahmenfabrikation in Holz bildet eine Spezialität von Fürth 
and werden zur Herstellung derselben nur bessere Holzsorten verwendet, 
Trotzdem ist nur eine einzige Firma aufgefallen, welche annähernd in 
ihren Leistungen den heutigen Anforderungen von Stil und Geschmack zu 
entsprechen versucht hat. 
Für Veredlung der Schnitz- und Holzwaren beschäftigte Bayern be- 
reits im Jahre 1875 1107 Personen in 432 Betrieben, wovon die meisten 
auf Oberbayern, Mittel- und Unterfranken und Schwaben kommen. In 
erster Linie sind hier die Vergolderarbeiten zu nennen, worunter man die 
Darstellung eines Goldüberzuges über hölzerne Rahmen u. dergl. versteht. 
Hinsichtlich der Reichhaltigkeit der Fabrikate dieser Branche waren Nürn- 
berg und Fürth vorherrschend, wenn dieselben auch zum weitaus grössten 
Teil mit den Erzeugnissen der Münchener Firmen nicht verglichen werden 
vonnten. Hier war nicht blos Mustergiltiges in stilistischer Beziehung, 
sondern auch in tadelloser kunstgerechter Ausführung. Dort dagegen war 
wiederum deutlich zu erkennen, dass man hauptsächlich für den Weltmarkt 
fabriziert und sich bemüht, möglichst viel und möglichst billig zu produ- 
zieren. Darunter leidet aber in enormer Weise die äussere Form, die 
exakte Arbeit und solide Ausführung. Ausserdem ist in den Nürnberger 
aud Fürther Waren noch der französische Geschmack aus seinen schlimm- 
sten Perioden zu sehr vorherrschend und haben nur wenige Aussteller — 
diese aber gleichwohl mit Erfolg — sich bemüht zum heimatlichen Stile 
zurückzukehren. Die beiden genannten Städte spielen schon seit 2 Jahr 
hunderten mit diesen geringwertigen Fabrikaten im Welthandel eine wich- 
tige Rolle, allein sollte ein schöner, solider, durch Massenproduktion billig 
hergestellter Gegenstand sich im Welthandel nicht ebenso, ja noch besser 
behaupten können, als ein unsolider und geschmakloser? — Ob dieser 
Mangel an schönen Formen und einer soliden exakten Ausführung nicht 
wohl auch die Hauptursache bildet, dass die Nachfrage nach besser ver- 
yoldeten Waren bedeutend abgenommen hat, so dass man der Besorgnis 
sich nicht erwehren kann, dieser schöne Industriezweig werde vom Han- 
delsmarkte gänzlich verdrängt und der imitierten, billig und schlecht zu- 
gleich, bleibe der Vorzug erhalten! Ebenso schädigend auf die Vergolderei 
wie auf den Handel wirkt die Anfertigung der unter der Bezeichnung 
nalbächt vergoldeter Waren in den Handel gebrachten Fabrikate, welche 
zu einem sehr billigen Preise bei möglichst geringer Sorgfalt in der Be- 
handlungsweise hergestellt werden. Für Nürnberg und Fürth, wo so viele 
Personen ihren Lebensunterhalt durch das bis vor Kurzem so blühende 
Vergoldergeschäft gefunden haben, ist dieser Rückgang ein recht beklagens- 
werter. Hier ist, um das verlorene Vertrauen wieder zu gewinnen, die 
Rückkehr zu einer soliden Produktion eine unbedingte Notwendigkeit und
	        
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