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Absatz. Die Fabrikation der lackierten genarbten Häute für Schuhzwecke
in so ausgedehntem Masstabe, wie dies heute der Fall ist, wurde nur mög-
lich durch die Anwendung der Spaltmaschine. Die erste Spaltmaschine
nach englischem System wurde in München im Jahre 1836 in Betrieb ge-
bracht, in neuester Zeit ist dieselbe durch solche nach französischem System
ersetzt; es unterscheiden sich diese Spaltmaschinen in ihrer Konstruktion
wesentlich von denen, deren bei den Oberledern erwähnt wurde.
Alaun- oder Weissgerberei. Diese Ge ;chäftsbranche schliesst eine Leder-
klasse in sich, die nach zweierlei licht ıngy hin von. höchster Bedeutung ist :
die Fabrikation der Felle für Fussbekleidung einerseits und andererseits die
für Glacehandschuhe. Die alaungaren Häute finden sehr geringe Auwen-
dung zu Maschinenriemen, Näh- und Binderiemen; die Fabrikation. der alaun-
garen Felle zur Fussbekleidung, besonders die der Kalbfelle, Kalbkid, hat
aber einen ganz ungewöhnlichen Aufschwung genommen. Die Anfänge dieser
Fabrikation in Bayern datieren aus dem Jahre 1854, wo ein Münchener
Weissgerber die ersten Versuche in der Herstellung dieser Ledersorte an-
stellte und derart günstige Erfolge erzielte, dass hiedurch aufzemuntert sich
auch andere Münchener Weissgerber auf Herstellung dieser Spezialität ver-
legten, und auf der Pariser Ausstellung im Jahre 1867 das Münchener Fabri-
kat bereits eine hervorragende Rolle einnahm. Heute sehen wir diesen Artikel
nicht allein von bedeutenden Etablissements als speziellen Fabrikationszweig,
sondern auch von nahezu sämtlichen grösseren Lackleder-Fabriken neben
ihren anderen Produkten in die Hand genommen. München gebührt der
Vorrang in Bezug auf Einführung dieses Artikels, es fabriziert dieselben
in solch hervorragender Qualität, dass es sich den Absatz nach allen Tei-
len der Welt zu sichern wusste. — Die Fabrikation von in Alaun gegerb-
tem Leder aus den Fellen junger Ziegen und Lämmer für Glac6handschuhe
gehört mit zu den wichtigsten Branchen der Lederindustrie nicht allein
wegen ihres Umfangs, sondern auch wegen der ganz aussergewöhnlichen
Aufmerksamkeit, welche sie zu ihrem vollkommenen Gelingen bedingt. Der
Konsum dieses Artikels wächst von Jahr zu Jahr und man ist bereits ge-
nötigt, für gewisse Sorten Rohmaterial zu importieren, da die heimische
Produktion nicht mehr ausreicht, In Bayern sind es die Fabriken in Er-
langen und München, welche hauptsächlich diesen Artikel fabrizieren und hat
besonders München in Folge der ausgezeichneten Qualität seines Fabrikates
mit jedem Jahr an Bedeutung hierin zugenommen; die Produkte finden
gleich den vorerwähnten in der ganzen Welt Absatz.
Sämisch-Gerberei. Die gewöhnlich mit der Alaun-Gerberei verbundene
Sämisch-Gerberei gehört gleich der Lohgerberei zu den ältesten Gewerben
Bayerns.
Eine der ältesten Nachweise über das Vorkommen des Gerbereibetrie-
bes in Bayern dürften unzweifelhaft die auf die Weissgerber bezüglichen
Bestimmungen des Augsburger Stadtrechtes vom Jahre 1276 Art. 14 Ss 18