Volltext: Geschichte der Stadt Nürnberg von dem ersten urkundlichen Nachweis ihres Bestehens bis auf die neueste Zeit

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Aamentlich der sich stets benachteiligt und gekränkt fühlende Ader 
mag auf diesen „übermut“ nicht gut zu sprechen gewesen sein (vgl. 
oben S. 526). Nürnberg galt vielen als die eigentliche Hauptstadt 
des deutschen Reichs, so z. B. Luther, der es „das Auge und Ohr 
Deutschlands“ nannte. Dr. Scheurl bemerkte einmal: Was Venedigs 
Name bei den Italienern bedeute, klinge im Namen Nürnberg bei den 
Deutschen wieder. Aber auch in der Königin der Adria selbst hatte 
man eine hohe Achtung vor der reichen und vortrefflich geordneten 
nordischen Schwesterstadt. Es kursierte in Venedig das Sprüchwort, 
alle deutschen Städte seien blind, nur Nürnberg sehe auf einem Auge. 
Noch in der Mitte des 16. Jahrhungerts (1548) konnte der venetia— 
nische Gesandte Alvise Mocenigo schreiben: „Diese Stadt genießt den 
Ruf, sich besser zu regieren als jede andere in Deutschland, weshalb 
sie auch von Vielen das Venedig Deutschlands genannt wird.“ Und 
wie gesagt, der Rat der Stadt verdiente dies Lob. So oligarisch-⸗ 
patrizisch er zusammengesetzt war, so engherzig er wohl auch auf seine 
Sondervorrechte wachte, im allgemeinen hat er, soviel wir davon wissen, 
nur selten den schönen Spruch Lügen gestraft, der schon in der Mitte 
des 15. Jahrhunderts über der Thüre zum großen Rathaussaale an— 
geschrieben stand: 
„Eins manns red ist eine halbe red, 
Man soll die teyl verhören bed.“ 
Die Hammerschläge, mit denen der Augustinermönch Dr. Martin 
Luther am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen an die Schloßkirche zu 
Wittenberg heftete, hallten durch ganz Deutschland, und Nürnberg war 
eine der ersten unter den deutschen Städten, die dem damals allerdings 
noch nicht als welterschütternd erkannten Ereignis ihre vollsten Sym— 
pathieen entgegentrugen.“) Die Thesen wurden hier, wie es scheint, zuerst 
durch Scheurl bekannt, der sie von einem Wittenberger Freunde, nicht von 
Luther selbst, mit dem er doch gerade damals eine rege Korrespondenz 
unterhielt, erhalten hatte. Wunderbar, daß Scheurl auch einem Manne, 
wie Eck durch die Übersendung derselben eine Freude zu machen hoffte.**) 
Neben Scheurl waren es namentlich die Mönche des Augustinerklosters, 
*) Für unsere Darstellung der Reformationszeit vgl. vor allem Roth, Friedrich, 
Die Einführung der Reformation in Nürnberg 1517 -1528. Würzburg, 1885 und 
dazu Mummenhoffs Kritik in den Mitteilungen des V. f. G. d. Stdt. Nbg. 6. Heft 
S. 271 ff. Daneben außer den älteren Werken von Lochner und Soden und selbst— 
verständlich den Müllner'schen Annalen Ludewig, Georg, die Politik Nürnbergs im 
Zeitalter der Reformation (von 1620 —15834), Göttingen, 1808. Außerdem für die 
allgemeinen Verhältnisse namentlich das berühmte Werk von Friedrich von Bezold, 
Geschichte der deutschen Reformation. Berlin, 1880 (bei Oncken). 
*«) Luther war freilich in seiner Auffassung Eck's, mit dem er auf Scheurl's 
Veranlassung korrespondierte, damals noch ebenso befangen.
	        
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