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Entdeckung, daß das Amtsgeheimnis in einigen Fällen verletzt worden
war. Als nun in versammelter Ratssitzung der geschäftsführenh—
ültere Bürgermeister jeden auf seinen Eid befragte, ob ihm etwas üher
den geübten Verrat bekannt sei, meldete sich alsobald Muffel zum Wort
und erklärte, daß er von den in Rede stehenden Dingen dem Abte von
St. Agidien — des Klosters, zu dem er und seine Familie in besonder
nahen Beziehungen standen — Mitteilung gemacht habe. Man besahl
ihm abzutreten. Jetzt aber brachten die älteren Herren ganz andere
Dinge gegen Muffel zur Sprache. Es war vornehmlich Anton Tucher,
der zweite Losunger, der die schwersten Beschuldigungen gegen seinen
Amtsgenossen erhob. Mit ihm, sowie mit einigen anderen Losungs⸗
beamten hatte Muffel als oberster Finanzbeamter der Stadt häufig
in der Losungsstube zu thun. Es war Gesetz, daß Niemand sich alln
darin aufhalten durfte. Tucher erzählte nun, daß dem Muffel eines
Tages, im Mai 1468, als er gerade die Losungsstube verlassen wollte,
einige Goldstücke aus dem Ärmel herausgefallen und über den Voden
dahingerollt wären. Muffel sei darüber ganz gewaltig erschrocken gewesen,
wie nicht minder die, die mit ihm waren, und hätte auf die Frage
Tuchers, wo das Geld her käme, verlegen geäußert, die Goldstücke gehörten
gemeiner Stadt zu. Die Losungsschreiber hätten sie darauf aufgelesen
und wieder in einen Goldbeutel gethan, er aber, Anton Tucher, habe
den älteren Herren davon Mitteilung gemacht, die mit Rücksicht auf
die hohe Stellung des Beschuldigten die Sache einstweilen auf sich be—⸗
ruhen ließen. Desgleichen, erklärten die älteren Herren, hätten sie
auch zu einem anderen noch viel schwereren Fall still geschwiegen, der
ihnen doch auch zu Ohren gekommen wäre. Der von den Handwerkern
des Rats zum Losunger bestellte Anton Zellner und ein Losungsschreiber
mit ihm sahen nämlich, nur wenige Wochen nach dem erfterzählten
Unfall wie sich Muffel gelegentlich einer Rechnungsaufstellung in der
Losungsstube an einer Lade zu schaffen machte, in der sich einige
Säcklein mit Geld, jedes 1000 Goldgulden enthaltend, befanden. Dabei
fiel es ihnen auf, daß er seinen Mantel so weit ausbreitete, daß man
nicht sehen konnte, was er dahinter machte.*) Danach ging er hinaus
um wieder zurückzukehren und kurz darauf die Losungsschreiber zu
entlassen. Als dann wenige Tage später der Losunger Anton Tucher
eines der Säcklein vermißt und den Muffel darum befragt habe, sei
dessen Antwort gewesen, man habe es dem Wechsler gegeben. Eine
Kontrolle war damals nicht angestellt worden.
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*), Als man ihn später befragte, wie er denn 1000 (einzelne) Gulden in
seiner Tasche habe verbergen können sagte Muffel, seine Tasche wäre so groß, daß
er wohl bequem sechs große Äpfel dahinein schieben könnte