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Die Egydien Kirche.
Es ist vekannt, daß Karl der Große auf seinen Zügen durch Deutschland eine Reliquie, (ein Käpp—
chen des heiligen Martin,) mit sich geführt habe, dem er durch die Erbauung von Kapellen in der
Form eines Feldzeltes ein geweihtes Andenken schenkte. Solche Martinskapellen finden sich in Er⸗
langen, in Fürth, bei Altenfurt und an andern weiter von Nürnberg entfernten Orten. Auch an
der Stelle, worauf die heutige Egydienkirche sich befindet, stand, wie mehrere Chronisten berichten, ein
von Karl dem Großen dem heiligen Martin geweihtes Kirchlein, (im Jahr 800 (804) (808) n. Ehr.
Geb.) Eine aufgefundene lateinische Inschrift giebt die Erbauung einer Kapelle vom Jahr
1000 an. Abgesehen von der Unbestimmtheit und Unzuverlässigkeit dieser chronistischen Angaben ist es
unbezweifelt, daß Kaiser Konrad III. 1140 dem heiligen Egydius zu Ehren eine Abtei erbaut habe,
in welche Benediktinermönche einzogen. Das darauf bezügliche Dokument lautet wörtlich: Anno
Domini MCXL constructum et editieatum est illud monasterium saneti Pgidii et primo oblates saneti
videlicet Deocarus et Deqanus ineeperunt et praecogitaverunt. Sed Dominus Conradus rex Roma-
norum opus bonum inceptum eonsummavit ac perlscit atque cum aliis multis dotavit et in Abbatiam
exaltavit. (Im Jahr des Herrn 1140 wurde dieses dem heiligen Egydius geweihte Kloster erbaut;
die heiligen Aebte Deokarus und Det sanu haben es begonnen, der römische König Konrad aber hat
das gute Werk vollendet, mit Vielem bereichert und zu einer Abtei erhoben.)
Die Monche dieser Abtei sollen in der Benützung von Küche und Keller und auch in erottischen
Ausschweifungen keine Gränzen gekannt und zu mannichfachen Klagen Veranlassung gegeben
haben. Der letzte Abt hieß Pistorius, der ein sehr gelehrter Mann war und deshalb auch in Luther's
Achtung sehr hoch stand. Im Jahre 1526 berief der Senat den Freund Luther's, Philipp Melanch⸗
thon nach Nürnberg zur zeit⸗ und zweckgemäßen Gestaltung eines Gymnasiums.
Die ursprüngliche Bauart des Klosters war eine höchst einfache. Am unteren Theile umschloß
eine in Rundform laufende Mauer den Klostergarten. Die frühere Kirche zeigte sowohl an den Thürmen
wie an den Fenstern des Längenhauses, die man über dem Dache des niederern Seitenschiffes ge—
wahrte! byzantinische Modife welche indeß durch Anbauten vom gothischen Style verdrängt wurden.