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bom Papste die Anerkennung seiner Wahl erlangt hätte. Da Ludwig sich
biesem Ansinnen nicht fügen wollte, wurde er gebannt (28. März 1324),
desgleichen auch seine Anhänger. Die Städte, die an ihm hingen, wurden
mit dem Interdikt belegt, ein Geschick, das ohne Zweifel auch Nürnberg
widerfuhr, wenngleich wir keine bestimmte Nachricht darüber haben.
In einer mit dem Interdikt belegten Stadt durfte keine Messe
gelesen, die Glocken nicht geläutet, keine geistliche Tröstung verabreicht
werden. Ludwig erließ allerdings scharfe Gebote gegen die das Messe—
lesen verweigernden Geistlichen. Ihre Güter sollten eingezogen und
zum gemeinen Besten verwandt, sie selbst in Kerker gelegt werden.
Ohne Zweifel kam er damit den Wünschen der Bürgerschaft entgegen
und wir werden wohl annehmen müssen, daß in den meisten Kirchen
auch unserer Stadt der Gottesdienst in der alten Weise gefeiert wurde.
Indessen viele Mönche und Geistliche wollten ihr Gewissen nicht
dadurch beschweren, daß sie sich in geistlichen Dingen den Befehlen
eines weltlichen Machthabers fügten. Sie mögen die Stadt verlassen
und dadurch viele Bürger und Bürgersfrauen um ihre gewohnten
Seelsorger gebracht haben. Im ganzen war das Interdikt von schwerem
Unheil für das religiöse Leben in Deutschland. Wie in die Geistlich—
keit, die sich in eine singende und nichtsingende schied, kam auch in
das Volk eine tiefgehende Spaltung. Wer Messe hörte, glaubte ein
Unrecht zu thun, wer sich davon zurückhielt, fühlte sich erst recht alles
geistlichen Trostes beraubt.
Gar schwer litt unter diesen Zerwürfnissen das Ansehen der
Kirche. Wo das Interdikt wirklich gehalten wurde, gewöhnten sich die
Menschen daran, auch ohne Messe und Sakramente auszukommen.
Den Verkehr mit Gott, den die Kirche verweigerte, suchte man bei sich
selbst, in seinem Innern durch desto fleißigeres Beten. Man vereinigte
äch mit Gleichgesinnten und gleich sehr der göttlichen Gnade bedürftigen
zu gemeinschaftlichen Andachtsübungen auch ohne Priester. Die Vereine
frommer Frauen und Männer, der Beginen und Begarden, wie man
sie nannte, welche in einem gemeinsamen Hause ein frommes, nur der
Andacht geweihtes, keusches und genügsames Leben führten, ohne sich
an eine eigentliche Ordensregel zu binden, mögen damals auch in
Nürnberg in Aufnahme gekommen sein. Ein besonderes Feld ihrer
Thätigkeit fanden sie darin, daß sie die Kranken pflegten und die
Sterbenden aufsuchten, um sie durch Gebete auf ihr irdisches Ende
vorzubereiten. Auch der hingeschiedenen armen Seelen nahmen sie sich
an, indem sie die für sie verordneten Seelenmessen besuchten.
(Forts. folgt.)