Volltext: Die israelitische Kultusgemeinde Nürnberg

92 
Zeit. Die Behandlung der sogenannten Judenfrage halte 
stets gleichen Schritt mit dem Stande der Gesittung und 
Humanität, bei Nationen wie bei Einzelnen. !) 
durch seine Vorstellungen die Ausfertigung einer Urkunde (d. Prag 
16. November 1349) erwirkt, in welcher dem Rat und den Bürgern 
zu Nürnberg gestattet wird, »dass sie all die Judenhäuser zu Nürn- 
berg, die gelegen sind zwischen Franz des Hallers und Fritzen des 
Beheimbs Häusern, die zu mittelst zwischen den zweien Strassen und 
gegen Ulrich des Stromeiers Haus gelegen sind, abbrechen mögen, 
und sollen daraus machen zween Plätz die ewiglichen also bleiben 
und zu der Stadt gehören: gemeiniglichen und also dass fürbass 
nimmermehr darauf kein Haus’ soll gemacht werden, ausgenommen 
dass man aus der Judenschul soll machen eine Kirche in St. Marien 
unserer Frauen Ehre und die legen auf den grossen Platz an eine 
solche Statt, da es die Burger allerbest dünkt«. Ulrich Stromer 
wurde für seine Anregung reich belohnt. Drei Tage nach Aus 
stellung der angeführten Urkunde schenkte ihm ‚der Kaiser das 
Judenhaus, des Isaak von Scheslitz »neben der Badstuben am Zotten: 
berg« (dem jetzigen Dötschmannsplatz) und ein Jahr darauf das 
angrenzende Haus »des Juden und Kammerknechtes« Gottschalk 
von Stain. S. die betreffenden Urkunden bei Würfel S. 130—133. 
Der von Ulrich‘ Stromer erwirkte »Gnadenerlass« des Kaisers 
hatte für die Juden Nürnbergs (damals über 2000 Seelen) entsetzliche 
Folgen. Der Pöbel ‚begnügte sich natürlich nicht mit der erlaubten 
Niederreissung der Judenhäuser, sondern scheint damit eine all. 
gemeine Judenplünderung verbunden zu haben, die mit einer Massen- 
ermordung der Schutz- und Wehrlosen endigte. Sicher ist, dass am 
5. Dezember 1349 — kaum drei Wochen nach Erlass des kaiser 
lichen Freibriefes auf Zerstörung der Judenhäuser — an 570 Juden, 
Männer, Frauen und Kinder, erschlagen oder verbrannt wurden. 
Die Namen der Märtyrer sind in dem zum Zwecke ihres Seelen 
gedächtnisses angefertigten »Martyrologium des Nürnberger Memor- 
buches«, herausgegeben von Dr. Salfeld S. 219—229 aufgezeichnet 
Vgl. ‘hierzu Hegel, Städtechroniken 1, S. 9, 25, 351. Stobbe, die 
Juden in Deutschland während des Mittelalters S. 54 ff. Reicke 
Geschichte der Reichsstadt Nürnberg S. 228 ff. ; 
1) Nach Bericht des Korrespondent vom 9. September 1874 
and mündlicher Mitteilung.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.