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wechsel vor, da er vor Jahrzehnten einen Mann in Würzburg
anklagte, der ihm nachgesagt, er habe Trefa gegessen.
‚Was Stein damals als Injurie ansah, das soll ihm heute
als Ruhm gelten!« ?!) Ueber Buchholz, den Dr. Aub nicht
näher kannte, spricht er sich sehr kurz und drastisch aus.
Er bezweifelt die Aufrichtigkeit seiner Reformgesinnung
und hebt als besonders belastend hervor, dass Buchholz
sich um die Berliner Rabbinerstelle beworben und kaum
einer Antwort gewürdigt wurde, Ausführlicher zwar, aber
nicht günstiger, urteilt Aub über Levin und erteilt den
Rat, die Wahl auf kurze Zeit hinauszuschieben und über
neue Kandidaten zu beraten. Sein Schreiben möge der
Gemeindeverwaltung mitgeteilt werden, er trete für sein
Wort ein.
Dieses Schreiben hat anfangs seines Eindruckes bei
einem Teile der Verwaltung nicht verfehlt, denn in der
Sitzung vom. .24. April 1872 wurde ein Antrag »wegen
der Situation der Rabbinerfrage«, die Wahl des Rabbiners,
die nach einem früheren Beschlusse in der ersten Woche
des Mai stattfinden sollte, auf Ende Juni zu vertagen, mit
Stimmenmehrheit angenommen und die Berufung eines
weiteren Kandidaten beschlossen. Diese Beschlüsse wur-
den jedoch bei der nächstfolgenden Sitzung vom 8. Mai
wieder aufgehoben und die Wahl auf Ende desselben
Monats anberaumt. Am 28. Mai 1872 hat die Rabbiner-
wahl stattgefunden, bei welcher Dr. Levin 12 Stim-
men erhielt, während 7 Stimmen sich auf Dr. Stein
!) Stein hat diesen Gesinnungswechsel aus eigenen Antriebe
freimütig zugestanden. In einem an seinen Schwager gerichteten,
für die Gemeindeverwaltung bestimmten Briefe vom 17. April 1872
heisst es: »Ich habe mein ganzes Leben hindurch gerungen, einen
langen schweren Kampf gekämpft, um die Gegensätze in mir zu
versöhnen, der ich, als hätte ich Jahrhunderte gelebt, aus einer
orthodoxen Welt hineingewachsen bin in eine lichtvolle neue«.