Volltext: Die israelitische Kultusgemeinde Nürnberg

der zu berücksichtigenden Bewerber aufzunehmen und ihn 
zur Probepredigt zu berufen, wurden wiederholentlich ab- 
gelehnt. !) Unterdessen nahm die Agitation für und gegen 
Stein in der Gemeinde einen sehr erregten Verlauf. Die 
Einen — und das war die Mehrzahl — hielten an Steins 
Kandidatur fest, sie wollten einen Rabbiner, der den 
religiösen Traditionen gegenüber mit ihnen auf einem 
Standpunkte sich befand, sie erwarteten von dieser Ent- 
schiedenheit in Wort und That eine Beseitigung des 
herrschenden religiösen Indifferentismus, eine »Befreiung 
von der Lethargie«, während die Andern von der An- 
stellung eines solchen Rabbiners Gefahren für die Einheit 
der Gemeinde befürchteten, die zwar nur eine geringe Zahl 
»Orthodoxer« enthielt, aber auch einen grossen Teil von 
Glaubensgenossen, die sich von den Ueberlieferungen der 
Väter nicht lossagen, sie zum mindestens vom Rabbiner 
respektiert wissen wollten. »Der Kutscher muss nüchtern 
bleiben; die im Wagen sitzen mögen betrunken sein«, das 
war das Stichwort, das von massgebender Seite ausgegeben 
wurde. Um diese Bedenken zu beschwichtigen, wurde 
Stein von seinen Freunden veranlasst, seinen Standpunkt 
öffentlich darzulegen und zu rechtfertigen. Er erliess daher 
ein »Offenes Sendschreiben, gerichtet an diejenigen ver- 
ehrlichen Mitglieder der israelitischen Gemeinde-Verwaltung 
zu Nürnberg, welche denselben zur Berufung für die dortige 
Rabbiner- und Predigerstelle in Vorschlag gebracht haben.« 
Nürnberg 1872.) In dieser Schrift beklagt sich der Ver- 
fasser darüber, dass die ihn bekämpfenden Verwaltungs: 
mitglieder nicht an seinen seit Jahren in Wort und Schrift 
kundgegebenen Gesinnungen, sondern an der Bethätigung 
derselben Anstoss nehmen. Das Sprichwort vom nüchternen 
) Prot. vom 18. Oktober 1870 und ı. Mai 1871
	        
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