Zweiter Abschnitt. Geschichte der Stadtrechnungen. 745
schwundenen Goldmünzen durch grobe Silbermünzen zu ersetzen suchte.
Man prägte zu diesem Zweck sogenannte Guldengroschen oder Thaler aus,
die den Wert eines Goldguldens in Silber darstellen sollten. Von ihnen
ausgehend bemühte man sich, an Stelle des im Werte beständig schwankenden
Pfennigs ein stabileres Geldstück für den Kleinverkehr dadurch zu schaffen,
Jafs man den sechzigsten Teil ihres Silberwertes als „Kreuzer“ ausmünzte.
Da aber sechzig solcher Kreuzer wegen ihrer gröfseren Prägekosten doch
nicht ganz so reich ausgebracht werden konnten, wie ein einziger grofser
Silbergulden, so wurden sie im Grofsverkehr naturgemäfs auch nicht als
ein ausreichendes Äquivalent für die grobe Münze angesehen. Es bildete
sich daher von vornherein für die Guldenstücke ein Agio aus, das all
den Schwankungen unterlag, denen der Silbergehalt des Kreuzers auf der
einen und des Guldengroschens oder Thalers auf der andern Seite aus-
gesetzt war. Das Verhältnis von 1: 60, das man zwischen beiden Münzen
herzustellen beabsichtigt hatte, erwies sich somit als ebenso illusorisch
wie das einst zwischen dem Pfennig und dem Pfund Silber angestrebte
Verhältnis von 1:240. Aber wie durch dieses die Gleichung 1% = 240 &
so wurde durch jenes die Gleichung 1fl=— 60 kr als Rechnungseinheit
gewonnen. Mit andern Worten: der Kreuzer trat als selbständige Münz-
einheit neben den Pfennig und wie von diesem 252, so wurden von ihm
sechzig rechnerisch zu einem Gulden zusammengefafst. ‘Die Einheit
zwischen dem Pfenniggulden und dem Kreuzergulden aber wurde dadurch
hergestellt, dafs man Pfennige und Kreuzer im ungefähren Verhältnis von
1:47} ausbrachte.
In Nürnberg wollte man von der neuen .Münze lange nichts wissen.
Man gab dem Pfennig den Vorzug, weil er eine feinere Preisabstufung
im Kleinverkehr zuliefs und dadurch zur Verbilligung der Lebensmittel
and Arbeitslöhne beitrug. Erst als er in der Kipper- und. Wipperzeit zu
Anfang des Dreifsigjährigen Krieges eine noch nie dagewesene Entwertung
erfuhr und dadurch an Brauchbarkeit erheblich verlor, mufste auch Nürn-
berg sich zur Ausprägung von Kreuzern entschlielsen. Sie bilden seitdem
lie eigentliche Münzeinheit der Stadt; denn die Pfennige wurden nunmehr
nur noch als Teile von ihnen, und zwar zunächst im hergebrachten Ver-
hältnis von 1:4}%), seit Ausgang des siebzehnten Jahrhunderts aber von
1:4 ausgemünzt. Seit 1623 also war der in den Registern als Rechnungs-
münze verwendete Gulden die Zähleinheit für sechzig Kreuzerstücke, und
i) Wie man diesen Bruch im Verkehr des täglichen Lebens abzurunden suchte,
ergiebt sich daraus, dafs eine Handwerkerlohnrechnung vom Jahre 1623 Löhne von
32kr mit 1345 (statt 1342), 18kr mit 76 (statt 753), 12 kr mit 50,9 (statt 502) u.s.w.
verrechnet. Vergl. die Belege zu der Stadtrechnung 1623. Nbg. KA.