Inhaltsverzeichnis: Berichte über die Bayerische Landes-Industrie-, Gewerbe- und Kunst-Ausstellung zu Nürnberg 1882

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Leinen-Industrie fast vollständig zu Grunde, denn Augsburg besass nach 
dem 30jährigen Kriege kaum mehr als 500 Webstühle; auch bildete sich 
in den Niederlanden und Belgien eine starke Konkurrenz aus, die um so 
gefährlicher wurde, als auch die Macht der Hansa gebrochen war. Hierzu 
kam, dass die neu entdeckten Erdteile der Baumwoll-Industrie ebenfalls 
einen mächtigen Aufschwung gaben. Erst am Ausgang des 17. Jahrhunderts 
erhob sich diese Industrie wieder von Neuem zu grossem Glanze, da kein 
Land den Flachs und die Leinwand so billig zu liefern im Stande war als 
Deutschland. Gesetze regelten zu Beginn des nächsten Jahrhunderts den 
Flachshandel sowohl als die Anfertigung und den Verkauf der Leinwand; 
die Güte des Gewebes und die Reellität der deutschen Weber und Händler 
eroberten sich zum Teil die alten Absatzgebiete wieder und erwarben 
neue. Bayern, speziell Augsburg, aber trat unbegreiflicher Weise nicht 
wieder in dem Masse, wie es seiner Vergangenheit entsprochen hätte, in 
liesen Industrie-Kreis. Im Jahre 1827 wird zwar die Leinen-Industrie noch 
zu den vorzüglichsten Gewerben gezählt und erwähnt, dass sie über das 
ganze Land verbreitet ist, aber auch hervorgehoben, dass in Nördlingen, 
dessen Leinweberei in den Jahren 1795 bis 1815 am lebhaftesten war und 
mit 150 Meistern auf 250 Stühlen betrieben wurde, nur noch die Hälfte 
der Meister und Stühle in Thätigkeit sei. Ferner wird betont, dass nicht 
nur noch die Bedürfnisse des grössten Teils der Bevölkerung durch soge- 
nannte Hausleinwand befriedigt werde, sondern auch sehr grosse Ueber- 
schüsse ins Ausland gingen. In der That betrug in den 5 Jahren 1819 
bis 1824 die Einfuhr an Leinengeweben nur 23,424 Zentner im Werte 
von 833,323 Gulden, die Ausfuhr dahingegen 86,590 Zentner im Werte 
von 3,733,450 Gulden, so dass die Ausfuhr die Einfuhr um beinahe 3 Mil- 
lionen Gulden übertrifft. Aber innerhalb dieser fünf J ahre zeigt sich schon 
eine steigende Zunahme der Einfuhr und Abnahme der Ausfuhr. 
Um diese Zeit greifen freilich auch verschiedene Begebenheiten mächtig 
in die Leinen-Industrie ein. Vor Allem verdient der ungeheure Aufschwung 
Erwähnung, den die Baumwoll-Industrie in England nahm und der besonders 
auf den Preis der Leinwand drückte. — Die gefährlichste Konkurrenz 
erwuchs der Leinenweberei aber aus England und Irland nicht nur dadurch, 
dass in diesen Ländern, namentlich in Irland der Flachsbau grosse Dimen- 
sionen annahm (— während derselbe trotz Aufmunterung von Seite der 
Regierung und der landwirtschaftlichen Vereine in Bayern fortwährend 
zurückging) — mehr noch durch Einführung von Neuerungen in der 
Fabrikation. — Dazu gehörte zunächst die Maschinen-Spinnerei. Napo- 
leon I. hatte, in richtiger Erkenntnis der Wichtigkeit der Leinen-Industrie 
am 12. Mai 1810 einen Preis von einer Million Francs ausgesetzt für die 
Maschinenkonstruktion, „welche die Verspinnung des Flachses in der für 
die Verwebung geeigneten Weise bewirkel“ _— Diese Aufforderung war 
thatsächlich die nächste Ursache der Erfindung der Spinn-Maschine. die
	        
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